Senat spart Zukunft

Kürzen, kürzen kürzen: Nach den Frauen sind jetzt die Mädchen dran. Jugend und Bildung bekommen Sparprogramm verordnet

von SANDRA WILSDORF

Gerade drei Monate ist es her, da hat Bürgermeister Ole von Beust (CDU) die Integration junger Migranten in Arbeit und Ausbildung zur Chefsache erklärt und öffentlich erkannt: „Erfolgreiche Integrationspolitik wird zur Zukunftsfrage des 21. Jahrhunderts.“ Und jetzt spart sich der Senat diese Zukunft: Denn Bildungssenator Rudolf Lange (FDP) will offenbar an Projekten kürzen, die sich gerade diesem Thema widmen: Beispielsweise an INCI, AIZAN, ELLA und BAMBA. Alle Projekte kümmern sich um Mädchen ausländischer Herkunft und um ihren Einstieg in Ausbildung und Beruf. Neben vielen anderen Angeboten helfen sie Migrantinnen, die noch zur Schule gehen, bei Hausaufgaben, bei der Berufswahl, beim Bewerben und auch ausbildungsbegleitend. Die Mitarbeiterinnen fördern so, dass die Mädchen einen möglichst guten Schulabschluss und damit Chancen auf einen Ausbildungsplatz haben. Denn Migrantinnen haben bei Chefs immer noch deutlich schlechtere Chancen als ihre deutschen Konkurrentinnen. INCI in Altona, AIZAN im Schanzenviertel, BAMBA in Harburg und ELLA in Billstedt gleichen diese Unterschiede aus. Noch. „Unser Bescheid läuft Ende des Jahres aus, und uns wurde signalisiert, dass er nicht verlängert wird“, sagt Franziska Ribbarth von INCI. Denn die Ausbildungsvorbereitungshilfen werden von der Bildungsbehörde finanziert, und die muss sparen.

Jeweils 12,8 Millionen Euro hat Finanzsenator Wolfgang Peiner (CDU) dem Kollegen Bildungssenator für die kommenden zwei Jahre abgerungen. Woher die kommen sollen, daran rechnen und rechnen die Behördenmitarbeiter nun schon seit Monaten.

Und was sie vorschlagen, will Lange der Öffentlichkeit keineswegs vor der Bundestagswahl zumuten. Erst wollte er die Sparmaßnahmen bis Ende August präsentiert haben, nun soll es erst in der zweiten Lesung des Haushaltes Ende Oktober geschehen.

Bis dahin zittern die Träger, wissen nichts Konkretes und tun so, als wäre nichts. Sie schreiben Konzepte und planen für das kommende Jahr. Und ahnen doch, dass es anders kommen könnte. Auch bei den Berufsorientierungsprojekten von „Ran an die Zukunft“ in Großlohe, Eidelstedt und der Horner Geest ist längst angekommen, dass es wohl Kürzungen geben wird. „Die Mädchenprojekte in Großlohe und der Horner Geest sollen möglicherweise auch für Jungen geöffnet werden“, sagt ein Mitarbeiter. Das würde für viele Migrantinnen bedeuten, dass sie dann nicht mehr kommen dürften.

Auch die Jugendberufshilfe soll dran glauben: Sie soll in den kommenden zwei Jahren jeweils 50 Prozent ihres Etats abgeben, „wir sollen uns mal darauf einstellen, hat man uns signalisiert“, erzählt Michael Maaß von den autonomen Jugendwerkstätten, die von der Kürzung ebenso betroffen wären wie das Diakonische Werk. Genaues wisse man noch nicht. „Wir erhalten keine Informationen und sind auch in die Überlegungen nicht einbezogen“, klagt er.

Und so gibt sich auch Behördensprecher Hendrik Lange wortkarg: „An Spekulationen beteiligen wir uns nicht.“ Er versichert aber eine „aufgabenkritische Überprüfung aller Bereiche“. Er berichtet von „Casemanagern“. Die sollen Jugendliche auf irgendwie ganz neue Weise beim Start in den Beruf unterstützen. Was sie tun, klingt jedoch so wie das, was die Ausbildungsvorbereitungsprogramme jetzt schon leisten.