Immer weniger Ausgang

Die Häftlinge in Bremer Gefängnissen haben immer seltener Ausgang. Dadurch könnten sie sich nicht mehr rechzeitig auf das Leben in der Gesellschaft vorbereiten kritisiert die Straffälligenbetreuung

„Wir wollen ihnen ein Stück Normalität vermitteln, aber genau das wird immer schwieriger“, sagte Sozialberater Clemens Bergmann gestern bei der Zweijahresbilanz des Vereins Bremische Straffälligenbetreuung. Vor allem kritisierte er, dass es immer weniger Urlaub und Ausgänge für Häftlinge gebe. Dabei wäre gerade dies rund fünf Monate vor ihrer Entlassung besonders wichtig, damit die Häftlinge sich rechtzeitig mit Unterstützung des Vereins um Wohnungssuche und um Behördengänge kümmern könnten.

Auch die Situation auf dem Bremer Wohnungsmarkt hätte die Arbeit des Vereins in den vergangenen zwei Jahren enorm erschwert. „Die Nachfrage auf dem Bremer Wohnungsmarkt ist stark gestiegen. Da sind ehemalige Inhaftierte erst recht chancenlos“, erklärte Ursel Kerstein, die Vorsitzende der Straffälligenbetreuer.

Außerdem fehle es dem Verein an Personal, so Sozialberater Bahl. Drei der zwölf Mitarbeiter seien ABMler. Kerstein: „Die ABM-Stellen werden jedes Jahr neu besetzt. Für unsere Klienten ist es aber wichtig, dass es eine Kontinuität bei den Personen gibt, die ihnen helfen.“ So laufe im April 2003 eine ABM-Stelle in der Schuldnerberatung aus. Wie es dann weiter gehen soll, weiß noch keiner.

„Trotz der Schwierigkeiten haben wir aber auch Grund zur Freude“, sagte Kerstein. Die Zahl der Hilfesuchenden, die den Verein in Anspruch nehmen, sei seit 1996 um mehr als ein Drittel gestiegen. Außerdem habe ein Großteil der Haftentlassenen es mit Hilfe des Vereins geschafft, eine eigene Wohnung zu finden. Kerstein: „Ein wesentlicher Schritt auf dem Weg zurück in die Gesellschaft.“

Der 1837 gegründete Verein bietet seit kurzem neben sozialer Beratung, Schuldnerberatung und Hilfe bei der Wohnungs- und Jobsuche auch ein Theaterprojekt in der Justizvollzugsanstallt Oslebshausen an. „Die Individualität und Phantasie des Inhaftierten soll damit gefördert werden. In der Haft geht das unter“, sagte Marion Scherthan, die Leiterin des Projekts und Kunsttherapeutin ist. Zur Zeit bereiten drei jugendliche Häftlinge ein „Hip-Hop-Musical“ vor, das sie bald in der JVA aufführen möchten.

Monika Vosough Mohebbi