Kunst und Kultur an der B 96

In Klempenow nördlich von Neubrandenburg belebt das rege Treiben auf der dortigen Burg ein ganzes Dorf. Gäste kommen nicht nur wegen des guten Kaffees und Konzerten

Verkehr ist Klempenow gewohnt. Direkt an der B 96 Richtung Stralsund gelegen, streiften schon zu DDR-Zeiten Lkw und Westautos Richtung Schweden den Ort. Die Burg im Dorf dürften nur die wenigsten Reisenden damals beachtet haben: Armselig anzuschauen, ohne Burgturm und vernünftiges Dach, war das Mittelalterdokument drauf und dran, das Zeitliche zu segnen.

Zwölf Jahre später sind viele im Dorf wieder stolz auf ihre Festung. Frisch restauriert mit Veranstaltungssaal und Kaminzimmer, dazu ein Café, das nicht nur das beste Essen weit und breit bietet, sondern auch künstlerisch gestaltetes Mobiliar, Lesungen und Live-Jazz.

Zu verdanken ist die Wandlung von der Ruine zum Kulturzentrum dem Verein Kultur-Transit 96 e. V. Eine Hand voll Künstler bemüht sich seit der Wende die Burg mit Spendengeldern, Mitteln der EU und Förderung durch die Denkmalpflege zu sanieren. „Wichtig ist uns, dass das ganze Dorf etwas von der Burg hat“, so Michael Wiemann, der für das Café zuständig ist. Fast sämtliche Bauarbeiten wurden von Handwerkern vor Ort ausgeführt. Um den liebevoll angelegen Burggarten mit Kräutern, Blumen, Gemüse und Obst kümmern sich ebenfalls Bewohner des Dorfes.

Von den anfänglichen Akzeptanzproblemen der Künstler im Ort ist heute kaum noch etwas übrig, im Gegenteil: An den Burgfesten, etwa dem Bücherfest Anfang September oder den Windfestspielen mit Drachenbau am 21. September, mischen sich viele Dorfbewohner unter die Besucher aus der Region. Und auch an ganz normalen Wochenenden sitzen nicht nur Touristen im Burghof.

Soundkünstler wie Steven Garling, der in diesem Jahr schon zwei Konzerte auf der Burg gab, ziehen allerdings eher Insiderpublikum an. Wo Garling in Berlin etwa vor vollem Haus spielt, finden sich hier nur zwei Dutzend Zuhörer ein.

Seit diesem Jahr gibt es auch eine Kanustation an der Burg. Paddler, die auf der Tollense löffeln, können für eine Nacht am Fuße der Burg ihr Zelt aufschlagen. Wer dann sogar noch einen vernünftigen Cappuccino im Burgcafé kriegt, glaubt schon fast zu träumen. Im kulturell eher dürftigen Norden ein echtes Highlight. CHRISTINE BERGER