Döner and more

Was macht eigentlich Cem Özdemir? Die neue Karriere des grünen Bonustürken

Der Verkäufer befüllt ein Fladenbrot mit Grillfleisch und fragt die Kundin: „Mit alles?“

Geschickt säbelt der Verkäufer im türkischen Imbisswagen neben dem Berliner Reichstag ein paar Streifen gegrillte Fleischmasse vom Drehspieß und befüllt damit ein Fladenbrot, das er zuvor auf dem elektrischen Grill aufgetoastet hat. „Mit alles?“, fragt er die Kundin – eine etwa vierzigjährige Deutsche, Typ Lehrerin. „Keine Zwiebeln bitte, die vertrag ich nicht.“ Also Tomatenwürfel, Gurkenscheiben und etwas Petersilie. „Knoblauchsoß’ oder scharfe Soß’?“ – „Beides, das ist schön würzig.“ Der türkische Kebapverkäufer klatscht ihr große Löffel von beiden Soßen ins Brot. Das herausquellende Rinnsal wird gerade noch von der Serviette gebremst. „Kost’ zwei Üro.“ Mit dem kleckernden Döner in der Hand hat die Kundin Mühe, die Münzen hervorzukramen.

Den nebenan einparkenden Lieferwagen hat sie anfangs kaum bemerkt, dafür ist sie zu sehr mit ihrer triefenden Mahlzeit beschäftigt. Erst als sich ein jugendlich aussehender Türke daranmacht, mehrere mit Plastikfolie umhüllte Kebapspieße im großen Kühlschrank des Imbisswagens zu verstauen, fällt ihr der groß lackierte Schriftzug auf. „Özdemir Döner“ ist dort zu lesen. Und: „Produktions GmbH“ mit Berliner Telefonnummer und Anschrift.

Moment mal. Özdemir. Das ist doch der eitle, selbstverliebte Mustertürke. Der war doch Abgeordneter der Grünen, ihrer Partei. Sogar innenpolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion ist er gewesen. Vor ein paar Wochen ist er zuerst wegen eines Kredits ins Gerede gekommen, den ihm der Lobbyisten-Manager Hunzinger zinsgünstig verschaffte. Dann hat er dienstlich erworbene Lufthansa-Bonusmeilen für private Flüge verwendet. Das war das Ende seiner Karriere: Cem Özdemir musste zurücktreten. Nun macht er offenbar in Kebap. Und das als eingefleischter Vegetarier. Mein Gott, Özi, musste es so weit kommen? Hätte die verdammte Flut nicht drei Wochen früher hereinbrechen können? Dann würde sich niemand über Hunzinger oder Bonusmeilen aufregen. Auch Gregor Gysi wäre locker im Amt geblieben, und der unsägliche Kriegsministerdarsteller Scharping hätte die paar Wochen bis Ende September noch leicht geschafft.

Ihr Döner Kebap hat die Kundin inzwischen vertilgt. Der Hunger ist damit jedoch keineswegs gestillt. Auch der Özdemir-Lieferwagen will ihr partout nicht aus dem Kopf. Es war ein verdammt gutes Döner. Also bestellt sie eine weitere Portion. „Mit alles?“, fragt der Verkäufer. „Ohne Zwiebeln, wie gehabt.“ Nach der obligatorischen Soßenfrage weist sie der Verkäufer mit stolzem Lächeln auf sein neues Rabattsystem hin: Wer fünfmal Döner Kebap isst, kriegt das sechste umsonst. Er gibt ihr ein Stempelkärtchen, das sie von nun an bei jedem Kebap-Kauf vorlegen soll. Zwei Stempel sind schon drin, für jeden Döner ein runder Stempel, wie von einer Behörde. „Özdemir Döner“ steht drauf, und der Verkäufer macht sie noch darauf aufmerksam, dass das Kärtchen selbstverständlich in jeder Özdemir-Filiale gilt. Die vom Bundestag kommen jeden Mittag rüber, erzählt er. „Kantine nix gut. Wir hier nur Chicken-Kebap. Aber Kanzler nix kommen. Kanzler immer Currywurst.“

Freilaufendes Döner Kebap aus Bodenhaltung? Hat Özdemir die Marktlücke genutzt und praktiziert nun die Fortsetzung grüner Politik mit Drehspieß-Mitteln und Knoblauchsoße? Immerhin ist er Schirmherr von www.doener365.de – der größten Döner-Suchmaschine im gesamten Internet. „365“ – jeden Tag ein Döner. Auch ein Dönerbuch hat Cem Özdemir geschrieben, das weiß die Kundin. „Currywurst und Döner. Integration in Deutschland.“ Aber da geht es gar nicht um Döner. Auch nicht um Currywurst oder den Kanzler. Inzwischen ist schon das zweite Döner aufgegessen.

Die Kundin bestellt einen Ayran zum Nachspülen. Ein Bier wäre ihr lieber, aber das gibt’s in den meisten Dönerbuden höchst selten. Der Verkäufer schiebt ihr den Plastikbecher über den Tresen. „Ayran nix Stempel.“ Irgendwie kommt er ihr bekannt vor. Eigentlich ein ganz normaler Türke mit Dreitagebart und fleckigem Kittel. Plötzlich erkennt sie ihn: „Herr Özdemir, Ihr Deutsch ist doch hervorragend. Warum reden Sie so ein Kauderwelsch?“ – „Das ist gut fürs Geschäft“, sagt Cem Özdemir, „und schließlich komme ich aus Baden-Württemberg, und wer von dort kommt, kann alles, außer Hochdeutsch. Noch eine Döner Kebap? Mit alles?“

DIETER GRÖNLING