Gut gewürzte Liebe

Schmerzvolle, nicht hoffnungslose Geschichte gestenreich und hingebungsvoll erzählt: The Company mit der Europapremiere von „Kitchen Katha“ beim Laokoon-Festival auf Kampnagel

Männer und Frauen in einfacher Kleidung versammeln sich, legen Hand an Töpfe, Pfannen, Trommeln und Zupfinstrumente. Das Mahlen und Zerstampfen von Kräutern und Gewürzen fügt sich in den Rhythmus der Musik, in die Gesänge. Die Küche ist der Ort des Geschehens. In Kitchen Katha von The Company aus dem indischen Pandschab greift Regisseurin Neelam Man Singh Chowdhry zurück auf Traditionen des gemeinschaftlichen Kochens, Musizierens und Geschichtenerzählens.

Angekündigt war das Stück, das beim Laokoon-Festival Europapremiere hatte, als kulinarische Romanze, geboten wurden eine mythisch verwobene Erzählung, basierend auf Laura Esquivels Roman Bittersüße Schokolade – und in Sirup getränkte, auf der Bühne fritierte Kringel, die ans Publikum verteilt wurden.

Obst und Gemüse stapeln sich in farbiger Pracht, auf einer Herdflamme brutzelt und köchelt es vor sich hin. Die junge Tara schlüpft in die Haut ihrer Großmutter, Chand, die ihre Liebe nicht leben durfte. Trost findet sie in der Poesie und schöpft Kraft aus der Sinnlichkeit in der Zubereitung von Nahrungsmitteln. Hingebungsvoll und gestenreich erzählt die Schauspielerin Ramanjit Kaur in englisch übertiteltem Punjabi die schmerzvolle, doch nicht hoffnungslose Geschichte Chands, fügt dann und wann unmotivierte Tanzschritte ein.

Tara wäscht ihre Beine und Füße in einem Ritual mit klarem Wasser und öffnet sich damit der Erinnerung an die Großmutter. Den Saft des Granatapfels, Symbol für die Liebe, leckt sie sich verzweifelt von den Unterarmen. Papayahälften, die die Geburt eines Menschen andeuten – hier das Kind, das die Andere von dem Geliebten erwartet – quetscht sie sich ins Gesicht. „Kinder“, sagt sie, „werden auch bei Hass und Vergewaltigung geboren.“ Und es ist ihre Brust, die Milch für das Neugeborene hat, nicht die der Mutter. Dann wird diese Küchenromanze auch eine Parabel auf den Pandschab, der durch willkürlich gezogene Grenzen zwischen Pakistan und Indien aufgeteilt wurde und immer wieder Ort kriegerischer Auseinandersetzung ist.

Taras Rat, dass der Liebe Nahrung stets gut gewürzt sein muss, wurde auf Kampnagel nicht befolgt. Auch die Kringel fanden wenige Anhänger. Naschkatzen und Topfgucker kamen erst nach der Vorstellung auf ihre Kosten: bei Koriander-Chutney, Kümmelkartoffeln und weiteren Leckereien, die unbemerkt auf der Bühne zubereitet worden waren. Marga Wolff