Nicht viel Zulauf bei Schill

Nur hundert Menschen kamen zu Schills Wahlkampfauftritt nach Hemelingen, wo der Bremer Spitzenkandidat Detlef Schütte keine gute Figur machte

„Mit Ihnen, ich bin sicher, schaffen wir es“, hebt Ronald Schill die Hände zur Siegerpose. Nach 40 Minuten Wahlkampfrede in Bremen hatte der Hamburger Innensenator, zugleich das Zugpferd der von ihm gegründeten Rebellen-Partei Rechtsstaatliche Offensive, sein Publikum doch noch von den Stühlen hoch bekommen, in der Hemelinger Gaststätte „Seekamp“, wo am Freitagabend nur knapp hundert Neugierige kaum die Hälfte der Sitze im Saal belegten. Kein guter Schnitt für Schill, der sonst für seine Parteineugründung „sehr viel Zuspruch“ erntet, wie er berichtet. „In kleinen und mittleren Städten kommen 600, 700 Menschen zu mir.“

Am Freitag in Bremen dagegen war eine ganze Reihe seiner Gäste „nur zum Gucken“ gekommen. Neues bekamen sie tatsächlich nicht zu Hören – und bis auf „4.400 Drogenabhängige und entsprechende Beschaffungskriminalität“ auch nichts Bremisches. Seine Wahlkampfrede über anhaltende Arbeitslosigkeit – „die Politik der eingeschlafenen Füße“ –, über den von Finanzminister Eichel verschuldeten Absturz der Volksaktie Telekom – „die Bevölkerung wird ausgeplündert“ – und über „Deutschland, ein Schlaraffenland für den Terrorismus“ hatte Schill am Vortag als Hamburger Bundesratsvertreter fast identisch im Bundestag gehalten und dort einen Eklat provoziert. Zum Vorwand für ausufernde Eigenwerbung hatte Schill dort die Debatte über die Flutkatastrophe genommen. Sein Bremer Publikum applaudierte ihm dafür nachträglich – ausgiebig und stehend. Schill dankte. „Man muss sagen, was einem unter den Nägeln brennt.“ Zum „Klartext reden“ sei er angetreten – „nicht für Posten“. Auch dafür, „mit gesundem Menschenverstand und ehrlichem Herzen Politik zu machen.“ Dem Kandidaten auf Platz eins der Bremer Liste widmete Schill kein Wort.

Dabei hätte der Berufssoldat Detlef Schütte parteiliche Aufmunterung von seinem politischen Vorbild gut gebrauchen können, das er selbst doch zu Beginn des Abends als personifizierten „Ruck, der durch unsere Gesellschaft gehen muss, Ronald Barnabass Schill“, angekündigt hatte. Es war wohl der rhetorisch gelungenste Moment in seiner Rede. Für die hatte Schütte den „Kölner Klüngel“, die Bonusmeilen-Äffäre und Pisa bemüht – auf eine Art, die selbst Parteimitglieder als „organisierten Allgemeinplatz“ laut bespotteten. „In Niedersachsen haben wir bessere Kandidaten“, sagten sie später. Auch wohlmeinende Bremer Zuschauer beklatschten den Einsatz des Bremerhaveners nur halbherzig, der zuvor abgedroschene Phrasen wie „ohne Moos nix los im Bundesland“ mit seiner schlichten Sicht der Bremer Lage garniert hatte: „Weil die Fläche begrenzt ist, müssen wir die höheren Gebühren nehmen. Die Grundstückspreise.“ Vom Länderfinanzausgleich, für den er sich einsetzen wolle, sprang er dann zur Kilometerpauschale, während die niedersächsischen Mitglieder seiner jungen Partei ohne jede Räson argwöhnten: „Jetzt gegen Pendler stänkern oder was?“ ede