Frische Brise für die großen Geldhäuser

Banken und Versicherungen entdecken den milliardenteuren Bau von Windparks auf hoher See als lukratives Geschäft

HAMBURG taz ■ Die geplanten Offshore-Windparks vor den deutschen Küsten stoßen in der Finanzwirtschaft zunehmend auf Interesse. In Hamburg ist gestern ein Diskussions- und Arbeitsforum vorgestellt worden, das die Finanzierung milliardenschwerer Windparks auf hoher See vorbereiten soll. Die Vereins- und Westbank, die Finanzberatungsfirma PriceWaterhouseCoopers und der Risikomanager Marsh wollen in ihrem Offshore Finance Circle (OFC) ein Kompendium der Grundlagen solcher Projekte erarbeiten lassen, das Mitte 2003 veröffentlicht werden soll. Einen ähnlichen Kreis mit dem Namen Aiolus gibt es unter Beteiligung des Versicherungsberaters Marsh und der Nord LB bereits in London.

Zwar seien Bau und Finanzierung von Anlagen an Land (onshore) inzwischen „Alltagsgeschäft“, sagte Vereins- und Westbank-Vorstand Rolf Kirchfeld. Die geplanten Offshore-Windparks sprengen jedoch deren Dimensionen. Während ein typischer Onshore-Windpark 40 Millionen Euro koste, könnten die Kosten für einen Offshore-Windpark leicht eine Milliarde Euro übersteigen. Zudem fehlten technische Erfahrungen mit den Windparks auf hoher See, weshalb sich Teile der deutschen Versicherungswirtschaft rundheraus weigerten, das Risiko solcher Projekte zu übernehmen. Existierende Anlagen im flachen Wasser vor der dänischen Küste seien mit den jetzt geplanten Projekten nicht vergleichbar. „Wir sprechen hier von Wassertiefen von 40 Metern, 30 Kilometer vor der Küste“, sagte Norbert Allnoch vom Internationalen Wirtschaftsforum Regenerative Energien in Münster.

Der hohe Geldbedarf der Offshore-Windparks wird nach Ansicht der OFC-Gründer auf ganz andere Finanzierungswege führen als bei den Onshore-Parks. Statt geschlossener Windkraftfonds, bei denen viele kleine Anleger mit ihrem Anteil haftende Eigentümer sind, werden die großen Windparks über den internationalen Kapitalmarkt, von Bankenkonsortien, den großen Energieversorgungsunternehmen und den Mineralölgesellschaften finanziert werden. Für die Konzerne ist das nicht zuletzt wegen des geplanten Handels mit CO2-Emissionszertifikaten interessant. Aufgerechnet gegen saubere Energie könnten sie auf diese Weise mehr Energie herstellen, die den Ausstoß von Kohlenstoffdioxid vorantreibt.

GERNOT KNÖDLER