Diskriminierung traf die Falschen

Das neue Parteiengesetz sollte gezielt Rechtsradikale benachteiligen. Doch es traf die Ökopartei ÖDP. Die klagt jetzt

FREIBURG taz ■ Eigentlich sollte die Neuregelung im Parteiengesetz gezielt rechtsradikale Parteien treffen. Jetzt aber sind ÖDP und „Die Grauen“ Hauptleidtragende, während die Rechtsaußen-Gruppierungen ihre Staatszuschüsse weiterhin erhalten können. Gestern hat die konservative Ökopartei ÖDP in Karlsruhe Verfassungsklage eingelegt.

Konkret geht es um eine Regelung im Ende Juni novellierten Parteiengesetz. Im neuen Gesetz wurden die Schwellenwerte, ab denen der Staat jeden Euro, der an Spenden eingenommen wurde, mit 38 Cent bezuschusst, gezielt verschärft. Das Ziel: Man wollte die staatlichen Geldtöpfe für „kleine radikale Parteien“ höher hängen. Bisher musste eine Partei entweder mehr als 0,5 Prozent bei einer Bundestags- oder Europawahl erzielen oder mehr als 1 Prozent bei einer Landtagswahl. Die zweite Voraussetzung wurde nun deutlich verschärft. Entweder muss eine Partei bei einer Landtagswahl mehr als fünf Prozent der Stimmen holen oder in drei Ländern mehr als ein Prozent. So sollte verhindert werden, dass sich Parteien gezielt auf einen Stadtstaat konzentrieren, in dem sie relativ leicht die Ein-Prozent-Hürde überspringen können.

Wie Hans-Herbert von Arnim, Rechtsprofessor aus Speyer, gestern als Klagevertreter der ÖDP erläuterte, trifft das Gesetz aber gar nicht diejenigen, auf die es eigentlich abzielte. „Die DVU, die NPD oder die Republikaner erhielten nach der neuen Regelung voraussichtlich weiterhin staatliche Zuschüsse auf Beiträge und Spenden, weil sie bei den letzten Wahlen mindestens in drei Bundesländern die Ein-Prozent-Klausel übersprungen haben“, erklärte von Arnim. Tatsächlich betroffen sind dagegen andere Kleinparteien wie die Grauen und die ÖDP.

Die klagende ÖDP hat zuletzt nur in Bayern mit 1,8 Prozent der Stimmen die 1-Prozent-Hürde übersprungen. Bei Anwendung der Neuregelung droht der Partei ein Verlust von 86 Prozent ihrer Staatszuschüsse in Höhe von derzeit rund 600.000 Euro. „Unsere gesamte Infrastruktur ist bedroht“, erklärte Generalsekretär Claudius Moseler.

Die ÖDP sieht daher in der neuen „Drei-Länder-Klausel“ die Chancengleichheit der Parteien bedroht. „Es ist unverhältnismäßig, dass kleine Parteien nur unter überzogenen Voraussetzungen staatliche Zulagen zu ihrem Spenden- und Beitragsaufkommen erhalten“, erklärte von Arnim.

Auch im Vorfeld der Novellierung hätten zahlreiche Experten, wie Exverfassungsrichter Hans Hugo Klein, vor Verschärfungen und gezielten Manipulationen bei der Parteienfinanzierung gewarnt. Ganz will sich die ÖDP, die bundesweit 7.000 Mitglieder hat, allerdings nicht auf das Bundesverfassungsgericht verlassen. Bei den kommenden Wahlen will man auch versuchen, aus eigener Kraft die Schwellenwerte zu überwinden. So hofft Generalsekretär Moseler, dass die ÖDP bei der nächsten Europawahl im Jahr 2004 die dortige (nicht verschärfte) 0,5-Prozent-Schwelle schafft. Dies wäre gerade noch rechtzeitig, denn die Drei-Länder-Klausel soll laut Gesetz erstmals im Jahr 2005 zur Anwendung kommen.

CHRISTIAN RATH