Das feministische Bajonett

Das bedeutendste Golfturnier der Welt steht am Pranger, weil der veranstaltende Klub Augusta National in Georgia keine Frauen aufnimmt. Das Masters 2003 findet ohne Sponsoren statt

von MATTI LIESKE

Vermutlich konnte Martha Burk gar nicht glauben, welche Vorlage ihr da geliefert wurde. Lediglich einen privaten Brief hatte die Vorsitzende des National Council of Women’s Organisations (NCWO) der USA an Hootie Johnson, den Vorsitzenden des Augusta National Golf Club, geschrieben und darin angemerkt, dass es endlich an der Zeit wäre, auch mal eine Frau als Mitglied aufzunehmen. Johnson reagierte im Stile eines echten Südstaaten-Patriarchen. In einer dreizeiligen E-Mail ließ er Burk wissen, dass die Mitgliedschaften in seinem Klub Privatsache seien. Dann gab der Mann aus Georgia ein dreiseitiges Statement an die Medien, in dem er in rüdem Ton klarstellte, dass er Burks Schreiben beleidigend und nötigend finde, dass er nicht gedenke, mit ihrer Gruppe auch nur zu diskutieren, und dass er sich keinesfalls einschüchtern lasse. Sicher würde der Klub einmal eine Frau aufnehmen, aber dann, wenn es ihm passe, und nicht „mit dem Bajonett vor der Brust“.

Einmal auf der Fährte, begann Martha Burk prompt, alle Register zu ziehen, die ihrer Organisation, der sechs Millionen Mitglieder angehören, zur Verfügung stehen. Augusta National ist nämlich nicht ein normaler Golfklub, sondern Veranstalter des Masters, eine Art Wimbledon des Golf, das prestigeträchtigste und wichtigste Turnier der Profi-Tour. „Hootie and the Blowhards“, wie die Rocky Mountain News die Klubführung in Anlehnung an eine bekannte Rockgruppe nennt, betonen zwar allenthalben, dass es keine Bestimmung gäbe, die Frauen ausschließe, Fakt ist jedoch, dass es in 70 Jahren Klubgeschichte kein weibliches Mitglied gegeben hat. Eine andere Kontroverse hatte Augusta National 1990 beigelegt. Damals wurde das erste schwarze Mitglied aufgenommen.

Die Kampagne von Martha Burk fand viele offene Ohren. Zwar weigerte sich die PGA Tour, Augusta, wie gefordert, das Masters wegzunehmen, worüber Burk „sehr enttäuscht“ war, aber die Hauptsponsoren Coca-Cola, IBM und Citigroup, die nicht in den Ruch geraten wollen, Diskriminierung zu unterstützen, ließen wissen, dass sie die Idee weiblicher Mitglieder im Klub ziemlich gut fänden. In einem spektakulären Schritt erklärte Hootie Johnson nun, dass er das Masters 2003 ohne Sponsoren durchführen werde. Eine Aktion, die den Veranstalter gut sieben Millionen Dollar kostet. „Es ist erstaunlich, wie viel Geld Augusta National zahlt, um die Diskriminierung von Frauen fortsetzen zu können“, kommentierte Martha Burk süffisant.

Während sich die Golffreunde freuen, dass die TV-Übertragungen vom Masters nun werbespotfrei sein werden, sitzt CBS, das seit 1956 das Masters überträgt, in der Klemme. „Ich hasse es, wenn ein großer Sender sich auf die Seite von Bigotterie stellte“, kritisiert Burk den Fernsehgiganten, bislang steht dieser aber noch tapfer zu Johnson und seinem Turnier.

Während Martha Burks Visionen, dass man das Masters ja an einen anderen Ort verlegen könnte, da es schließlich nicht „an die Hüfte von Augusta National“ gebunden sei, oder dass es aufgrund der Kontroverse gar seine Bedeutung verlieren könnte, in der sehr traditionsorientierten Golfszene eher belächelt werden, sucht die NCWO-Vorsitzende eifrig neue Verbündete. Zum Beispiel die Spieler und deren Sponsoren, allen voran Sportartikler Nike, der ohnehin im Zuge der Sweatshop-Bewegung mit Imageproblemen zu kämpfen hat. Dessen Golfjuwel Tiger Woods, dreimal Sieger beim Masters, hat unmissverständlich erklärt, dass er die Forderungen der Frauen unterstützt. Einen Boykott, wie ihn Burk wünscht, schließt er jedoch aus. „Und wenn ich es tue – werden die anderen folgen?“, fragt er eher rhetorisch. Antwort: Natürlich nicht, schließlich gelten Golfprofis nicht eben als Vorreiter für gesellschaftlichen Fortschritt, wie Anfang der 90er die Kontroversen um Klubs zeigten, die keine schwarzen Mitglieder akzeptierten.

Auf jeden Fall wird es Aktionen im Rahmen des nächsten Masters Mitte April 2003 geben, verspricht Martha Burk, die auch die Arbeitgeber der Mitglieder von Augusta National kontaktieren und gegebenenfalls anprangern will. Hootie Johnson hat zwar kein Bajonett vor der Brust, aber er ist in die Ecke gedrängt wie ein angeschlagener Boxer. Nachgeben, so die allgemeine Einschätzung, wird er der geballten Frauenpower nicht. Kein Fußbreit den Feministinnen, lautet die Devise – womöglich, so Sports Illustrated sarkastisch, „wollen sie ja danach auch noch das Wahlrecht“.