Der Kandidat der Herzen

Das Wahrheit-Wahlporträt. Heute: Ronald Barnabas Schill (PRO), Innensenator

Zärtlich, verständnis- und humorvoll soll der „Traumprinz“ übrigens auch sein

Schröder und Stoiber, Westerwelle, Fischer und Zimmer sollten es sein lassen. Eine Auszeit nehmen. In Ruhe ihren Nachlass ordnen. Sie touren vergebens durch die Republik. Jede Hand, die sie schütteln, wird am 22. September das Hakenkreuz bei Ronald Schill machen. Und dann hat der Bursche 98,6 Prozent aller abgegebenen Stimmen. Das ist mal sicher.

Die, welche Schill trotzen, werden natürlich verhaftet und nach Helgoland verbannt. Oder nach Fehmarn. Aber da sind sich die Strategen der Partei Rechtsstaatlicher Offensive (PRO) noch nicht einig. Und zur weiteren Sühne nimmt man den Renitenten den Führerschein ab. Der wird nämlich in Berlin gebraucht. Von Schill.

Die aktuellen Prognosen der Wahlforscher liegen jedenfalls unglaublich daneben. Zwischen drei und zwei Prozent sagen sie dem rechtsstaatlichen Frontmann voraus. Doch sie haben die Rechnung ohne Gert Ockert gemacht. Ich kenne vier stahlharte Gründe, warum Ronald Schill der nächste Reichskanzler wird. Passt gut auf, ihr Infas- und Allensbach-Versager!

1. Ronald Schill sieht klasse aus

Der Mann ist 42. Hat aber noch alle Haare auf dem Kopf, fast. Und nur ganz wenige in der Nase – den Punkt Körperpflege beachtet er streng. Gegen lästigen Nüsternpelz hat er zum Beispiel ein Pulver, das sich nur die Reichen und Schönen leisten. Behaupten die Klatschblätter. Wo man ihn gern sieht: Herr Schill hat nämlich Glamour. Und außerdem ist er groß, rank und schlank. Darauf stehen die Weiber.

Nicht ohne Grund hat Kanzler Schröder den direkten Schlagabtausch mit Herausforderer Schill gemieden. Seine, Schröders, Kinnhaken wären zu Kniehaken geworden. Dafür gäb’s die rote Karte. Für einen Roten! Nicht auszudenken in „Müntis“ Wahlkampf-„Baracke“.

Zärtlich, verständnis- und humorvoll soll der „Traumprinz“ übrigens auch sein (Quelle: Allegra). „Kein Problem“, lächelt Schill. Und küsst galant die Hand einer Verehrerin. Kein Nasenhaar versehrt die zarte Haut der Holden. Das Fernsehen ist selbstverständlich immer dabei. Ästhetik-Quoting an der Urne: 14 Prozent.

2. Schill, die sichere Partie

Bleiben wir bei den Weibern. Die wollen heutzutage erst mal was Gescheites fürs Bett. Sie fordern den „Kick“. Groß soll der „Boy“ sein, mindestens 1,80, außerdem schlank und zärtlich. Doch zugleich bestimmend – nur so einer bringt „es“. Doch „danach“ will „frau“ was Verlässliches. Und da kann R. Schill erst recht wuchern. Der Mann ist Amtsrichter, mithin Beamter. Solider geht’s ja gar nicht. Dazu die Senatoren-Apanage! Der Mann verdient zweifelsfrei genug, um den einen oder anderen lukrativen Bausparvertrag zu betreiben. Ein sorgenfreier Lebensabend in Aussicht: so wichtig für die Partnerschaft!

Denn niemand weiß, was die Zukunft bringt: Kommunismus womöglich. Oder Abschaffung der Demoskopie. Ins Fernsehen kuckt „man“ wahrscheinlich auch nicht mehr so viel. Dann hat Schill allerdings ausgespielt, politisch. Gut, wenn in solchen Situationen ein hübscher Batzen Geld bei der Bank geparkt ist! Da reicht es noch im Alter für den Piräus-Teller und ein Extraglas Retsina beim Griechen um die Ecke. Daher der Name der Schill-Partei: PRO. Nix kontra – PRO! „Girls“ mögen keine Pessimisten.

Kurzum: Am 22. September steht ein Mann aus dem Bilderbuch zur Wahl. Macht hintenrum: 50 Prozent aller eingereichten Stimmzettel. Schills Sieg – ein Sieg der Frauen!

3. Auf Ronald Schill kann man endgeile Reime machen

Der Genickbruch für die „Etablierten“ entwächst dem höheren Geiste der Sprache. Geht die Metapher klar? Klar – im höheren Geiste. Was reimt sich denn schon auf Schröder? Das hier: „öder, schnöder, blöder“. Oder auf Fischer? „Augenwischer“. Oder Westerwelle? „Lästerkelle“. Hier greift das Gesetz der Abschreckung. Auf Stoiber gibt es nicht mal schlechte Reime.

Dagegen Schill! Die Slogans fallen einem wie Asse aus dem Ärmel. „Der Senator Ronald Schill / macht als Kanzler, was er will.“ Das ist nur der Anfang. Circa 6,9 Prozent zieht der Zweizeiler: „Alte Zöpfe auf den Müll / Trägt behende unser Schill.“

Das macht, mit dem ersten Vers addiert, 15,6 von 100.

4. Ronald Schill – der Triumph der Einsilbigkeit

Auch die restlichen 19 Prozent zum Traumergebnis verdankt der Kandidat seinem monosyllablen Nachnamen. Die Deutschen sind ja nicht dauernd doof. Von 1969 bis 1998 regierten ausschließlich Bundeskanzler mit kürzestmöglichen Familiennamen: Brandt, Schmidt, Kohl. 29 Jahre in Folge: hieratische Blocknamen. Und an diese hochbewährte Kontinuität möchte der Bürger wieder anknüpfen.

Fazit

Der kleine Amtsrichter Schill als Bundeskanzler – vielen wird’s nicht schmecken. Zumal bei Ausländern rührt sich Unmut, gelegentlich Angst. Doch keine Bange: Der Mann wird nie dazu kommen, seine Pläne auszubreiten. Nach fünfzehn Minuten nämlich schaltet Anke Fuchs ihm das Mikro ab. GERT OCKERT