DER IWF-KREDIT FÜR BRASILIEN IST WIRTSCHAFTLICH FALSCH UND UNGERECHT
: Milliardengeschenk für Spekulanten

Der Internationale Währungsfonds (IWF) verlässt wieder einmal seinen angekündigten Reformkurs. Mit dem gestern beschlossenen Brasilien-Kredit über 30 Milliarden Dollar ist wieder alles beim Alten: Private Banken und Unternehmen investieren auf Teufel komm raus. Und wenn es schief geht, springt der IWF ein und rettet die leichtsinnigen Gläubiger. Mit dieser Strategie hat der Währungsfonds schon in den Neunzigerjahren die Asienkrise und die folgenden Katastrophen in Russland und Südamerika ausgelöst. Mit dem größten Milliardengeschenk in seiner sechzigjährigen Geschichte präsentiert sich der IWF nun als Antreiber für zukünftige Hasardeure und Spekulanten.

Auch in anderen Punkten zeigt der „neue“ IWF Beharrungsvermögen, denn Kreditpakete sind mit heiklen Auflagen versehen. Sie lassen Brasiliens Zentralbank und Regierung kaum Spielraum. Bedingung für den Kredit ist nämlich ein Haushaltsüberschuss, der durch unsoziale Sparmaßnahmen erwirtschaftet werden muss. Dabei ist die soziale Kluft zwischen armen Bauern und Slumbewohnern auf der einen sowie der wohlhabenden Mittel- und Oberschicht in den Metropolen auf der anderen Seite schon heute nirgends größer als in Brasilien. Gleichzeitig greifen USA und IWF mit ihrem Finanzpaket in die dortige Präsidentenwahl am 6. Oktober ein, denn der linke Kandidat Luis Inácio da Silva würde sich den IWF-Kriterien widersetzen.

Obendrein misst der Fonds noch immer mit politischem Maß. Das für die Globalisierung unbedeutende und widerborstige Argentinien lässt er am langen Arm verhungern, während er der botmäßigen brasilianischen Regierung ebenso hilft wie der militärstrategisch wichtigen Türkei. Dieses Mal sorgt sich der IWF vor allem um die US-Konjunktur. Brasilien ist ein wichtiger Absatzmarkt für US-Produkte. Eine Pleite am Amazonas würde zudem Mexiko mit in den Niedergang ziehen, den wichtigsten lateinamerikanischen Partner der USA. Auch Europas Banken blicken besorgt zum Zuckerhut: Über 300 Milliarden Euro haben europäische Banken an Lateinamerika verliehen. Kein Platz für Reue. HERMANNUS PFEIFFER