geläufig Polaroid einer ganzen Nation

„Mit der unersättlichen Neugier des Forschers und dem vorurteilslosen Blick des Ethnologen notiert er, was dieses seltsame Land ihm darbietet – an Leben, an Städten, an Redensarten, Gewohnheiten, Werbesprüchen, an zu persönlichem Schicksal geronnener Geschichte, an Vergeblichkeiten und kleinen Triumphen. Aus der Summe all dieser Einzelteile setzt Roger Willemsen etwas zusammen, das nicht mehr und nicht weniger ist als das mentale Polaroid einer ganzen Nation.“ So der offizielle Werbetext des Eichborn Verlags zu Roger Willemsens neuem Buch „Deutschlandreise“. Dem aufmerksamen Leser stellt sich sofort die Frage: Wenn Willemsen wirklich ein mentales Polaroid einer ganzen Nation gemacht hat, wie groß muss dann die mentale Dunkelkammer sein? Düstere Aussichten. Aber vielleicht hat der Verlag ausnahmsweise mal Unrecht und die Texte von Willemsen sind gut und er bespiegelt sich nicht die ganze Zeit selbst, wenn er über Deutschland redet. Immer wieder wird ja darauf hingewiesen, dass er die Normalität gesucht und gefunden hat. Und warum ist das jetzt hier ein Hingehtipp? Weil man viel gesehen haben sollte, um sich ein Bild zu machen. Und das hat Herr Willemsen. Ob dabei ein Foto herausgekommen ist oder nur eine Kinderzeichnung – um das festzustellen, muss man sich das schon anhören. Amüsant wird es allemal. Entweder weil man es mag oder eben weil sich unfreiwillige Komik einstellt, wenn der intellektuelle Exmoderator auf Hausfrauen und Supermarktmitarbeiter trifft. LAB

Bar jeder Vernunft, 20.30 Uhr