montagskolumne: meinhard rohr zur lage der nation im spiegel seines wissens
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„Meinhard, bist du eigentlich eine Ich-AG“, fragte mich kürzlich völlig überraschend mein Vati, Paps und Dad. „Dad, Paps und Vati“, antwortete ich ihm, „sind wir nicht alle ein empirisches, wollendes und praktisch handelndes Ich?“ Ich hätte Philosoph werden sollen, dachte ich, als mein Vater antwortete: „Dann lass uns einen trinken gehen!“ Praktischer, wollender und empirisch handelnder als mein Vater ist niemand. So liefen wir durch Berlin Mitte und flanierten an Bars, Cafés und Restaurants vorbei. Der unverstellte Blick des Vaters als optisches Brennglas der Kritik. Was hätten wir 68er damals, als ich leider auch zu den Linken gehörte, darum gegeben, mit einer solchen Tiefenschärfe die Untiefen des Seins auszulöten. Doch bereiteten wir damals das Oberflächliche, das die heutige Spaßgesellschaft als Adduktorenzerrung mit in das neue Jahrtausend schleppt, vor. Auf den Krücken der Seins-Philosophie läuft es sich schwer. Eine Selbstkritik, die in unseren schweren Wahlkampfzeiten viel zu kurz kommt.

Diese Kolumne erscheint in loser, aber leider häufiger Folge.