Aufbauspritze für den Nikkei

Japans Regierung will es noch einmal wissen. Milliardeninvestitionen sollen den schwächelnden Aktien auf die Sprünge helfen und die Deflation bekämpfen. Auch Steuersenkungen sollen geplant sein. Analysten bezweifeln aber langfristige Wirkung

von BEATE WILLMS

Als Junichiro Koizumi vor knapp anderthalb Jahren als japanischer Premier antrat, punktete er mit seinem Versprechen einer „besonnenen Politik“: Japan werde die Rezession mit „Ruhe, Geduld und Opferbereitschaft“ überwinden – ein Seitenhieb auf die seit 57 Jahren beinahe ununterbrochen regierende Liberaldemokratische Partei (LDP), die durch eine Politik des gefälligen Geldverteilens viel zur Krise beigetragen hat. Inzwischen haben sich aber in den Medien die Zweifel gemehrt, „ob besonnen nicht eher versonnen bedeuten“ sollte. Und der Druck scheint nun zu groß geworden zu sein. Wie die japanische Nachrichtenagentur Kyodo gestern berichtete, hat Koizumi seine Zustimmung zu einem milliardenschweren Maßnahmenpaket nach Plänen der LDP zugesagt. Damit soll die Konjunktur angekurbelt und die Deflation bekämpft werden.

Dem Bericht zufolge will die Regierung zunächst die kriselnden Börsen stützen. Letzte Woche war der Nikkei unter die psychologische Marke von 9.000 Punkten gefallen – so niedrig war er seit Anfang der 80er-Jahre nicht mehr. Rund drei Billionen Yen, umgerechnet etwa 25,8 Milliarden Euro, sollen in so genannte Exchange Traded Funds (ETFs) fließen. Das sind börsennotierte Fonds, die Indizes nachbilden und deswegen als relativ sichere Geldanlage gelten. Woher das Geld kommen soll, blieb allerdings unklar. Der US-Nachrichtendienst CNN zitierte den LDP-Politiker Hideyuki Aizawa, der die Antideflations-Task-Force der Regierung leitet: Er fordert, die öffentlichen Rentenkassen mit in die Verantwortung zu nehmen.

Neben dem Eingreifen an der Börse sind auch Steuersenkungen geplant. Und diese werden vermutlich sogar höher ausfallen als die zuvor schon von Koizumi angedeuteten eine Billion Yen. Das sagte zumindest Wirtschaftsminister Heizo Takenaka im japanischen Fernsehen.

Die Anleger schienen jedoch noch nicht ganz überzeugt, dass die japanische Wirtschaft nun besseren Zeiten entgegengeht. Der Nikkei gewann gestern zwar knapp zwei Prozent und stieg auf 9.306,26 Zähler. Das war vielen Experten aber nicht genug. „Wenn die Leute wirklich an die Wirksamkeit und Machbarkeit der Vorschläge glaubten, hätte der Nikkei weitersteigen müssen“, sagte Analyst Toshio Tahara von Sumisei Global Investment Trust Management. Die Geldspritze sei zwar geeignet, den Aktienmarkt kurzfristig zu unterstützen, die Strukturprobleme bekomme man aber so nicht in den Griff. (mit rtr)