Das Prinzip Führerpartei

Jörg Haider hat das FPÖ-Heft weiter in der Hand. Die rechtsnationale Gefolgschaft hält zu ihm. An Haiders Bocksprüngen scheitert jede Allianz. Er ist ein Mann der Opposition

WIEN taz ■ „Die FPÖ wird immer die Partei von Jörg Haider bleiben.“ Mit diesen prophetischen Worten übernahm Susanne Riess-Passer am 1. Mai 2000 den Parteivorsitz. Als sie ihrem Mentor vor drei Monaten die Rückkehr an die Parteispitze verweigerte und sich auf dem Parteitag mit 90 Prozent der Stimmen wiederwählen ließ, ging sie wohl von der Annahme aus, dass sie in zwei Jahren ihre eigene Basis geschaffen habe.

Falsch. Spätestens die von Jörg Haider zusammengetrommelte Delegiertenversammlung von Knittelfeld am Samstag dürfte sie eines Besseren belehrt haben. Die Wortführer dort sind es, die in der Partei wirklich den Ton angeben: Leute wie Volksanwalt Ewald Stadler, der stramme Burschenschafter mit Schmiss auf der Backe, der bezweifelt, dass Österreich 1945 von den Alliierten befreit wurde; Ernest Windholz, Niederösterreichs FPÖ-Chef, der bei seiner Vereidigung den SS-Wahlspruch „Unsere Ehre heißt Treue“ zitierte; Hilmar Kabas, der beim Wahlkampf in Wien die krudeste Ausländerhetze betrieb; Andreas Mölzer, der rechtsnationale Chefideologe. Riess-Passer hatte ihre Autorität nur geborgt. Die hohen Sympathiewerte, die ihr in Umfragen bescheinigt wurden, kamen nicht von den eigenen, sondern von Wählern anderer Parteien, die fanden, für eine Freiheitliche sei sie ganz umgänglich.

Seit Jörg Haider 1986 beim legendären Innsbrucker Parteitag die FPÖ putschartig vom damaligen Vizekanzler Norbert Steger (der in Koalition mit der SPÖ regierte) übernahm, hat er schon viel Personal verschlissen. Heide Schmidt, liberales Aushängeschild der Partei, die bei den Präsidentschaftswahlen 1992 einen Achtungserfolg landete, wurde schnell vergrault. Herbert Scheibner, Susanne Riess-Passer und Peter Westenthaler, dessen Schmerzgrenze ebenfalls überschritten wurde, gehörten zum engsten Kreis Haiders, jener „Buberlpartie“, aufgeputzt mit dem Groupie Riess-Passer, deren Mitglieder an den Lippen des großen Führers hingen und ihm die Koffer trugen. Dafür wurden sie mit Posten belohnt.

Dass Haider von seinen Leuten bedingungslose Loyalität verlangt, ist schon oft festgestellt worden. Das beinhaltet eben auch die wildesten Bocksprünge. In einer Woche zweimal die Meinung wechseln mag in der Opposition angehen. In der Regierung, vor allem in einer Koalition, wo ein Minimum an Stabilität gefordert ist, kann man solchen Kapriolen nicht folgen, auch wenn es populär sein sollte. Daran ist Riess-Passer gescheitert. Und daran wird jede zukünftige Allianz mit Haider scheitern. RLD