herr tietz macht einen weiten einwurf
: FRITZ TIETZ über die Generation Golf

Impotent und Spaß dabei

Wenn Golf ein Sport ist, dann ist Kirschkernweitspucken auch einer. Behauptet Herbert Riehl-Heyse in einer Glosse, erschienen unlängst in einer als Golf-Magazin getarnten PR-Beilage der Süddeutschen Zeitung. Alles sei eben „nur eine Frage der Definition“, sagt da der Chefsatiriker der SZ und definiert also: „Sport ist, wenn man sich in den Kampf begibt und ihn unbedingt gewinnen will.“ Nun mag es sein, dass Kirschkernweitspucken ein Kampf ist und somit Sportart genannt werden muss. Beim Golf bin ich mir da nicht so sicher. Als einer, der einen Torwartabstoß von einem Golfplatz entfernt wohnt und also das Elend quasi vor der Haustür hat, kann ich dem Golfspiel bestenfalls den Status einer Krampfsportart zubilligen. Krampfadernsport ginge auch.

Nein, es will den notorischen Käppiträgern und karierten Caprihösnerinnen einfach nicht gelingen, ihr albernes Gestochere auf ihren pestizidverseuchten Greens als breithin akzeptierte Sportart zu etablieren. Nach wie vor gilt ihr hüftsteifes Rumgeputte eher als eine Exklusiv-Marotte des vermögenssteuerbefreiten Klassenfeinds, als eine überwiegend von breitärschigen Inkontinenzlern, berufssohnigen Cabriofahrern und verhärmten Zahnarztwitwen betriebene Tagedieberei. Hartnäckig hält sich auch das Gerücht, dass die teils meterhoch umzäunten und nicht selten saarlandgroßen Golfplätze vor allem von semikriminellen Unternehmern und anderen Halbweltlern genutzt werden, um hier ihre windigen Geschäfte zu verabreden.

Umso erstaunlicher mutete es an, als vor einigen Jahren der absurde Steckensport plötzlich vehement zu einer Jedermannsportart schöngeredet wurde, die sogar, so hieß es, das Zeug zum Volkssport habe. Schnell aber entpuppte sich das als ein bloß von der Golfindustrie installierter Trend. Denn so hatten’s wohl die Golfer auf einer ihrer Platzrunden im Elektro-Caddy ausgeheckt: Lasst es uns dem Tennis gleichtun und einen Golf-Boom in Deutschland entfachen, auf dass wir einen ähnlich einträglichen Reibach machen. Mit Elan setzte man diese Idee ins Werk: „Schnuppergolfen“ wurde erfunden, Prominente als Vorzeigegolfer verpflichtet, Journalisten für die Golf-Verherrlichung gefügig gemacht. Alle Welt sollte in die geknechtete Natur des nächstgelegenen Golfplatzes ausschwärmen, der steckengefüllte Schlägersack, bis dahin allenfalls schmierigen Wohnungsmaklern zugerechnetes Statussymbol, zum festen Rücksitzinventar aller werden. Daraus wurde zum Glück nichts.

Da half es auch nichts, dass das Sport-TV plötzlich tagelang irgendwelche Golf-Turniere übertrug. Dabei kann man sich doch kaum ein weniger telegenes Ereignis vorstellen, selbst Dressurreiten ist ein Krimi dagegen. Vom Golfboomvorbild Tennis ganz zu schweigen, bei dem es sich bekanntlich um ein athletisches, relativ kurzweiliges und vor allem nachvollziehbar reglementiertes Kampfspiel handelt, das größtenteils attraktive junge Menschen in knapper und oft ansehnlich durchschwitzter Sportkleidung bestreiten. Davon exakt das Gegenteil ist Golf.

In besagtem Golfer-Magazin wird übrigens ein Golfzubehör angepriesen, mittels dem der Golfer einen Golfball auflesen kann, ohne sich, is’ klar, bücken zu müssen. Eine Art Ballschaufel, die an den Schlägerschaft anschraubbar und durchaus auch anderweitig nutzbar sei, etwa zum Aufrichten des Flaggenstocks oder zur Liquidierung von störenden Regenwürmern. Klingt so, als könne das Ding den Golfern durchaus auch dazu dienen, sich damit gegenseitig ein paar Schläge auf den Hinterkopf zu verabreichen, auf dass sie vielleicht so endlich erkennen, was für ein sportlicher Irrtum ihr Getue ist.

Spuckt lieber Kirschkerne, Golfer. Und hört auf, an eurem Handicap zu arbeiten: Mehr als impotent geht nicht.

Fotohinweis: Fritz Tietz ist 43 Jahre alt, lebt als Nachfahre ostpreußischer Einwanderer in der Nordheide und treibt gelegentlich Sport