VfL bleibt Überraschung

Bundesligaaufsteiger Bochum holt auch beim 0:0 gegen den deutschen Meister aus Dortmund einen Punkt und mehrt damit Peter Neururers neuen Ruf, doch so eine Art Erfolgstrainer zu sein

aus Bochum CHRISTOPH SCHURIAN

Die Bundesliga ist kein Zuckerschlecken und irgendwann muss auch jener Lauf des VfL Bochum ein Ende haben, der den Aufsteiger nach drei Siegen überraschend auf den ersten Tabellenplatz befördert hat. Und siehe da: Als sich VfL-Trainer Peter Neururer diesmal nach schwerem Spiel der Presse stellte, schien der Zauber schon verflogen. „Wir sind an unsere Grenzen gestoßen“, sagte der Fußballlehrer leicht kleinlaut. Borussia Dortmund sei frischer gewesen, überlegen, man selbst habe am Limit gespielt, stellte er fest.

So niedergeschlagen hätte Neururer, den Bild bei seiner 16. Trainerstation endlich als „Erfolgstrainer“ entdeckt hat, gar nicht sein müssen. Nach einer gleichfalls nervösen wie schwachen Anfangsphase berappelte sich Neururers Team gegen Dortmund nämlich und hätte am Ende mit etwas Glück und Nachspielzeit sogar gewinnen können. Außerdem: Ein Punkt gegen den Meister, dazu punkt- und torgleich mit dem FC Bayern – Bochum bleibt die Überraschungsmannschaft der Saison.

Es bedurfte 30 Minuten, um davon auch Dortmunds Matthias Sammer zu überzeugen. „Nachdem wir unsere Chancen in der Anfangszeit nicht nutzen konnten, war klar, das Bochum im Spiel bleibt“, beklagte sich der Coach über die fehlende „Überzeugung“ der Seinen vor dem Tor. Und nach einer halben Stunde folgte dann das „Hallo wach“ für den VfL: Der Ibero-Däne Thomas Christiansen, den sie nach sechs Toren liebevoll „Torero“ nennen, spitzelte den Ball durch den Strafstoß, scheiterte jedoch zweimal an Borussen-Torwart Lehmann. Auch seine Mitspieler machten es nicht besser, doch die Aktionen weckten die Bochumer Lebensgeister.

VfL-Abwehrspieler Martin Meichelbeck beschrieb den Wandel nüchtern: Der offensive Stefan Reuter habe den VfL zunächst verstört, „wir haben 20 Minuten gebraucht, um unser System umzustellen“. Mit Peter Neururer ist nämlich nicht nur der Erfolg nach Bochum gekommen – der studierte Statistikfreak hat für den VfL auch ein neues Spielsystem ersonnen. Die Viererabwehrkette, die in Bochum dereinst nur Klaus Toppmöller erfolgreich praktizieren ließ, wurde wiederbelebt. Zwei defensive Mittelfeldläufer stabilisieren den Abwehrblock um den Kameruner Raymond Kalla und Frank Fahrenhorst; schon die Offensive bildet eine erste Abwehrkette. Wenn eines zum anderen passt, sieht die Neururer’sche Kettenverstärkung recht fesch aus.

Symmetrie ist die Ästhetik der Beschränkten. Matthias Sammer ließ seine Mannschaft deshalb links gewichtet auflaufen, Reuter schob sich ins Mittelfeld. Es kam zur Dortmunder Überzahl – und reichlich Platz für Genussfußballer Tomas Rosicky. Erst als der Mut der Dortmunder Offensivaufstellung etwas lahmte und die Beine der BVB-Nationalspieler auf dem nassen wie schnellen Rasen schwer wurden, beruhigte sich das Geschehen.

Lange vor dem Spiel gegen den Stadtnachbarn hatte Neururer bereits auf derartige Ermüdungseffekte gesetzt. Als ihm der Ligaspielplan ins Haus flatterte, freute sich der Trainer besonders über die frühen Spiele gegen Leverkusen und Dortmund. Auch am Dienstag sprach er wieder von den „Bonuspunkten“, die es gegen die Großen zu holen gelte. In den ersten Ligawochen nage die WM noch an der Form der Spitzenteams, später sei es viel schwerer, gegen sie zu punkten, so Neururer. So konnte der VfL nicht nur gegen Leverkusen dominieren, sondern hätte wohl auch das Spiel gegen den deutschen Meister gewonnen, wenn die Partie noch 15 Minuten länger gegangen wäre.

Auch Matthias Sammer musste schließich einräumen, dass sein Team noch nicht da ist, wo es sein müsste. „Irgendwie, irgendwoher müssen die fehlenden Prozente kommen“, sagte der Meistertrainer später ratlos. Geht es nach Jungnationalspieler Christoph Metzelder, kommt das am nächsten Samstag von ganz alleine: „Im Derby gegen Schalke ist die Motivation so hoch, da werden wir Gras fressen.“ Bochum hingegen trifft am Sonntag auf Hansa Rostock, wieder ein Spitzenspiel. Doch auf Bonuspunkte oder WM-Spätfolgen kann Neururer gegen die zweite Überraschungsmannschaft der Saison nicht hoffen. Letztlich geht es für beide gegen den Abstieg.

Bochum: Van Duijnhoven - Colding, Kalla, Fahrenhorst, Meichelbeck - Gudjonsson (90. Reis), Tapalovic - Freier, Wosz, Buckley (90. Bemben) - Christiansen (61. Hashemian)Dortmund: Lehmann - Reuter, Metzelder - Evanilson, Heinrich, Frings, Kehl, Dede - Rosicky - Koller, Ewerthon (83. Reina)Zuschauer: 32.645