Postkoloniale Baustellen

Wie es sich gehört, hat auch die Documenta11 eine Website (www.documenta11.de). Man kann sie durchaus als Kurzführer gebrauchen, aber jetzt, da die Ausstellung, die so vehement den Anspruch vertritt, der globalen, postkolonialen Welt zu entsprechen, zu Ende ist, wirkt es doch ein wenig mager, was zu dem Schlüsselmedium ebendieser Welt beigetragen hat. In Kassel selbst spielte das Internet ohnehin kaum eine Rolle, wer zu Hause blieb, hätte aber doch gerne eine Dokumentation der Documenta11 gehabt, die über Kurzbiografien und Veranstaltungskalender hinausgeht.

Software von gestern: Immerhin ist ein Forum eingerichtet worden. Aber auch dort scheitert die Kunstdebatte an der Technik. Die Software ist so altertümlich, dass sie HTML-Mails nicht versteht. Die überwiegende Zahl der Beiträge ist deshalb kaum lesbar – und Wochen nach der Eröffnung beklagt Margit Czenki, eine der beteiligten Künstlerinnen von „Park Fiction“, dass sie noch immer nicht versteht, was dieser Server treibt. Lesen jedenfalls konnte sie nichts, mit diskutieren daher auch nicht.

Die Hamburger Hafenstraße von morgen: Die Rebellen aus Hamburg, die hinter dem Projekt „Park Fiction“ stehen, bewegen sich sehr viel besser auf der Höhe der Zeit. Ihre Website unter www.parkfiction.org ist noch lange nicht fertig, aber sie funktioniert fehlerfrei und enthält schon jetzt sehr viel mehr als nur ein einfallsloses Abbild der analogen Welt. Aus den Hausbesetzern der Hafenstraße sind die „interventionist residents“ geworden, und die diskutieren auf ihrer Webbaustelle schon wieder heftig über den Umsturz der alten Welt.

niklaus@taz.de