11. September – die Welt blickt zurück

Weltweit wurde gestern der Opfer der Anschläge auf das World Trade Center und das Pentagon gedacht. In New York wurden am Ground Zero die Namen von 2.801 Opfern verlesen. Teile der US-Streitkräfte befinden sich in höchster Alarmbereitschaft

NEW YORK. Die offiziellen Gedenkfeiern dauerten von 8.46 bis 10.28 Uhr (Ortszeit) – den Zeitpunkten der Anschläge auf die beiden Türme des World Trade Centers ein Jahr zuvor. Dort, wo einst die Twin Towers standen, verlasen Rudolph Giuliani, Colin Powell, Hillary Clinton und Hinterbliebene die Namen von 2.801 Opfern. Zugleich stiegen Angehörige der Opfer zum Gebet in die Baugrube hinab. Reden gab es nicht.

WASHINGTON. Stinger-Luftabwehrraketen waren in Stellung und Soldaten in voller Kampfmontur bewachten die Eingänge, als Präsident Bush, Verteidigungsminister Rumsfeld und Luftwaffenchef Myers vor dem Pentagon der 189 Toten des dortigen Anschlags gedachten. „Wir werden diesen Krieg gewinnen“, sagte Bush.

FLORIDA. Das US Central Command in Tampa rief für alle US-Streitkräfte im Nahen Osten, Zentralasien und am Horn von Afrika die höchste Alarmstufe aus. Das Central Command soll demnächst nach Katar verlagert werden. Iraks Regierung drohte für diesen Fall mit einem Präventivkrieg.

IRAN. „Wir sind solidarisch“, versprach Irans Regierungssprecher den USA in einer Erklärung. „Die Lösung des Terrorismus ist ein Kampf ohne Gnade.“

AFGHANISTAN. US-Soldaten nahmen nach Gewehrfeuer zwei Männer auf dem Militärstützpunkt Bagram fest. Aus mehreren Regionen wurden Raketenangriffe gemeldet. An der US-Botschaft wurde ein kleines Stück des World Trade Centers feierlich unter einer Marmorplatte vergraben.

BERLIN. 500 Menschen und Politiker versammelten sich im abgesperrten Berliner Dom zu einem ökumenischen Gedenkgottesdienst mit einem Auftritt der Soul-Sängerin Jocelyn B. Smith. In zahlreichen Ortschaften Deutschlands wurden Schweigeminuten eingelegt.

LONDON. Eine landesweite Schweigeminute erinnerte in Großbritannien an den Terroranschlag. In der Paulskathedrale in London gedachten 2.000 Menschen, darunter Premierminister Tony Blair, der Opfer; in der Moschee Finsbury Park feierten Islamisten den Anschlag.

PARIS. Zwei gigantische Lichtkegel wurden in den Himmel gestrahlt, als Erinnerung an das World Trade Center.

AUSTRALIEN. Im Gedenken schalteten tausende Autofahrer in Sydney, als es in New York 8.46 Uhr war, ihre Scheinwerfer an. Viele vergaßen hinterher, sie wieder auszumachen, und merkten Stunden später, dass ihre Autobatterie leer war.

THAILAND. Etwa 70 Demonstranten, darunter buddhistische Mönche, zogen vor die US-Botschaft und trugen Banner mit dem Bild Ussama Bin Ladens.

ÄTHIOPIEN. Zum julianischen Neujahrsfest der koptischen Kirche, die gestern den Neujahrstag 1995 beging, waren die meisten der üblichen Feiern abgesagt. Eine Zeitung titelte: „Satan schläft nie.“

ANTARKTIS. US-Forscher am Südpol spielten Mozarts Requiem – Teil eines „rollenden Requiems“ quer über den Globus, an dem weltweit 180 Musikgruppen in 20 Zeitzonen teilnahmen.

Die taz dokumentiert Worte zum Jahrestag des 11. September in Form von kleinen Zitatkästen, die sich auf jeder Seite durch die Zeitung ziehen.

bildwelt SEITE 3, reportage SEITE 4,inland SEITE 7