Die totale Ballaststofffreiheit

Fußball: Mit einem 7:1-Erfolg gegen Eintracht Braunschweig macht es ein geschlossenes St. Pauli-Team dem Noch-Nicht Trainer Joachim Philipkowski schwer, nicht zu unterschreiben.

von OKE GÖTTLICH

Joachim Philipkowski und die Sieben – eine ganz besondere Verbindung. Aber wer hätte ausgerechnet am vierten Spieltag, seinem zweiten als Interimstrainer, daran geglaubt, dass er schon seine überirdischen Kontakte spielen lässt? Von den knapp 20.700 Zuschauern am Millerntor eigentlich niemand. Oder erinnert sich tatsächlich jemand an die 80er Jahre, in denen die magische Beziehung reifte?

24. August 1980. Die erste Ligamannschaft des FC St. Pauli trifft auf Preußen Hameln. Mit dem Neuzugang von Barmbek-Uhlenhorst – Joachim Philipkowski. Endergebnis: 7:1 für Braun-Weiß. Noch nicht genug der Geschichte. 31.10.1982, St. Pauli gegen den Lüneburger SK. Endergebnis 7:0. Torschütze Joachim Philipkowski. Immer noch nicht genug Historie. 22.Januar 1984, St. Pauli gegen die Amateure von Werder Bremen. Ergebnis? Richtig, 7:0. Torschütze? Volltreffer, Joachim Philipkowski.

Eine Kette von Kausalzusammenhängen, die es sowohl dem Verein, als auch Philipkowski selbst kaum eine andere Wahl lässt, als heute endlich den Vertrag als Cheftrainer zu unterschreiben. „Wir haben ihm es schwer gemacht, nein zu sagen“, sprach Holger Stanislawski nach der unerklärlichen Aufführung eines geschlossenen St. Pauli-Teams, welches selbst nicht wusste, was und wie ihnen geschah. Mit „Rausch“ allein, wie Philipkowski später erklärte, hätte man die sichtbaren Impulse, die durch das Team zuckten, nur unzureichend beschrieben. Ebenso die viel zitierten St. Pauli-Werte Leidenschaft und Kampf reichten nicht mehr aus, um das wesentlichste Merkmal herauszuarbeiten – das Vergnügen Fußball zu spielen. Eine Eigenschaft, die vor allem die Neuzugänge allen eingesetzten 14 Spielern in die Körper zu transplantieren schienen. „Die Neuen haben weniger Last auf den Schultern zu tragen und konnten befreit aufspielen“, wußte Markus Lotter.

Doch auch das Dämpfen derzeitiger Euphorie gehört zu Philipkowskis Jobs: „Ich kann meine Philosophie nicht von heute auf morgen beibringen.“ Welche das ist, ließ er offen. Die totale Ballaststofffreiheit bleibt somit nur ein Erklärungsversuch.

FC St. Gemeinsam: Henzler – Stanislawski, Scheinhardt (74. Kolinger), Basic (68. Gruszka) – Lotter, Adamu, Rasiejewski, Racanel – Meier – Kurbjuweit (58. Ofodile), Yang

Eintracht Braunschweig: Laux – Eigner, Dziwior (46. Piorunek), Thiam – Schanda – da Silva (65. Thomas), Karp, Mazingu-Dinzey (74. Ridder), Hörster – Schuchardt, Choji

Tore: 1:0 Meier (10.), 2:0 Stanislawski (17.), 2:1 Choji (28.), 3:1 Ofodile (60.), 4:1 Yang (70.), 5:1 Stanislawski (76.), 6:1 Ofodile (80.), 7:1 Meier (85.)