Startschuss für Hafencity?

Carsten Sieling, Bauexperte der SPD, über die neuen Chancen, die Hafenbrachen auch für Wohnungen und Büros zu erschließen. Entwicklung muss eng mit der Politik abgestimmt werden

taz: Hinter dem Großmarkt, im zugeschütteten Überseehafen will eine Entwicklungsgesellschaft die Wasserkante beplanen. Das erste Konzept sieht sowohl Wohnen als auch Dienstleistungen vor. Machen Sie jetzt einen Luftsprung?

Carsten Sieling: Trotz des weiten Weges dorthin, war das ja immer eine der spannenden Flächen, die die SPD auch in ihr Technopolis-Konzept, also in die Entwicklung der Technologie-Stadt Bremen an verschiedenen Standorten, eingebunden hat. Für Investoren ist sie attraktiv, weil die meisten Grundstücke dort der Stadt gehören und man nicht, wie an anderen Stellen der alten Hafenreviere, mit privaten Eigentümer verhandeln muss. Das Konzept der Entwicklungsgesellschaft, das jetzt vorliegt, muss natürlich noch genauer werden: Wie groß wird der Anteil Wohnen? Wo bleibt am Uferbereich der Raum öffentlich, und wo privatisiert man ihn. Das alles muss die Entwicklungsgesellschaft im Rahmen ihres Anhandgabe-Vertrages jetzt auf ihre Kosten planen – allerdings in engem Zusammenhang mit der Stadtplanung und den politischen Gremien. Denn im Entwicklungskonzept für die Überseestadt, das Senat und Bürgerschaft im Jahr 2000 beschlossen haben, ist hier eine Mixtur von Wohnen und Dienstleistungsgewerbe vorgesehen.

Genau vor dieser Fläche sitzt – dank eines politischen Beschlusses – der Großmarkt-Koloss. „Wie ein Korken auf der Flasche städtischer Entwicklung“, wurde einmal gesagt. War die Ansiedlung eine Fehlentscheidung?

Die Fläche, um die es jetzt geht, wäre sicher spannender, wenn man auch in die Richtung, wo heute der Großmarkt steht noch Entwicklungsmöglichkeiten hätte. Andererseits ist trotz des Großmarkts ja schon einiges passiert. Der Umbau des Speicher 11 zur Kunsthochschule gehört dazu.

In welcher Verhandlungsposition ist denn die Stadt ?

Natürlich ist es schön, wenn dort städtische Entwicklung in Gang gesetzt würde. Es gibt aber auch die These, dass es gut wäre, die Grundstücke dort hinten liegen zu lassen, weil es im Zuge der Entwicklung der Hafenvorstadt zu einer Wertsteigerung kommen könnte. Denn im Moment ist die Lage dort nicht so entwickelt, dass man etwa Grundstückspreise wie im Technologiepark nehmen könnte. Aber zunächst mal müssen Investoren gefunden werden, denn die bremischen Unternehmer, die jetzt Interesse angemeldet haben, wissen, dass sie auch auswärtige Investoren brauchen, um das Gebiet zu heben.

Waren auch Sie irritiert, dass Frank Haller, Ex-Staatsrat im Wirtschaftsressort und heute Chef des Instituts für Wirtschaftsforschung, dort eine Stellungnahme veröffentlicht hat, die seine eigenen privaten Interessen als Projektentwickler spiegelt?

Das ist sicherlich nicht hilfreich, dort über die eigenen Entwicklungsabsichten zu schreiben. Auch die Empfehlung, dort ein World Trade Center hinzusetzen, die sowohl in dem BAW-Text wie auch im Konzept der Entwicklungsgesellschaft ausgesprochen wird, ist natürlich wagemutig. Wenn man mit dem Habitus eines Privatiers an eine solche Investition herangeht ist es nicht sinnig, als erstes eine öffentliche Investition zu erfragen. Für das WTC gibt es, wenn man denn ein neues Gebäude baut, interessantere Standorte, etwa den Bereich Weserbahnhof in Verlängerung der Schlachte. Aber schön ist doch, dass die Vorschläge für eine städtische Entwicklung der Hafenflächen, die von der SPD, von den Grünen, auch in Architektenkreisen immer wieder gemacht wurden, von Frank Haller als Staatsrat immer abgelehnt wurden – jetzt aber, wo er in die Rolle des Unternehmers gerückt ist, wird der Papierkrieg gegen die urbane Entwicklung der Fläche einer um diese Fläche ... Fragen: hey