Zurück ins Leben

Die 5. Krebs-Informationstage stellen diesmal die Zeit nach der Erkrankung in den Mittelpunkt / Workshops zur Entspannung

„Wenn ein Patient die Diagnose ‘Krebs‘ erhält, verändert sich sein Leben vollständig“. Ernst Heinrich Schmidt, Vorsitzender der Bremer Krebsgesellschaft und Chefarzt der Frauenklinik der Diakonissenanstalt in Gröpelingen, leitete die diesjährigen Krebs-Informationstage mit einer Binsenweisheit ein. Eine allerdings, die für mehr als 300.000 Betroffene in Deutschland eine tägliche Herausforderung beschreibt. Denn nicht nur während der Krankheit, auch nach einer erfolgreichen Therapie, behält der Krebs seinen Einfluss. So tragen die Informationstage den Titel: „Die Kunst, mit der Krankheit zu leben“.

Der Rückkehr ins normale Leben stellen sich eine Vielzahl von körperlichen, seelischen und sozialen Problemen entgegen – mit ihnen setzt sich der Patientenkongress, der gestern im Haus der Bürgerschaft begann und noch bis heute Abend dauert, auseinander. Vorträge und Workshops bilden ein Forum, in dem sich Betroffene und Angehörige mit der Krankheit auseinandersetzen können.Von Kalligraphie über Töpfern und Meditation reicht dabei das Angebot zur Selbstbesinnung und Konzentration. Es geht den Veranstaltern aber auch darum, einen Weg in die genussvolle Selbsterfahrung zu weisen. Themen der Vorträgen sind die Zukunftsgestaltung, die Unsicherheiten und Ängste und die familiäre Situation nach der Therapie.

Eine der häufigsten körperlichen Folgen einer Krebserkrankung, ist das sogenannte Fatigue-Syndrom, eine Müdigkeitserkrankung, unter der mehr als die Hälfte der Patienten leidet. „Trotz der starken Verbreitung des Syndroms, weiß man noch nicht viel darüber. Noch nicht einmal, ob es eine Folge des Krebses oder der Behandlungsmaßnamen ist,“ erklärte gestern im Eröffnungsvortrag der Hämatologe und Onkologe Karl-Heinz Pflüger. Gerade in der ersten Zeit nach der Therapie misstrauen die Betroffenen der vermeintlichen Genesung. Die ständige Müdigkeit lässt sie an ihrer Gesundheit zweifeln und nährt die Sorge, die Krankheit könnte wieder ausbrechen. Nicht nur der Krebskranke selbst ist verunsichert. Auch die Freunde und Verwandten wissen oft nicht, wie sie umgehen sollen mit jemandem, der vom Tod bedroht war oder noch ist. Die Reaktionen sind typisch: Auch enge Bekannte weichen aus, treten den Kranken mit Grabesmiene gegenüber, verbieten sich Scherze, vermeiden es, von eigenen Problemen zu sprechen.

All diese Schwierigkeiten kennt Marie Rößler von der Bremer Krebshilfe, die den Kongress zusammen mit dem „Arbeitskreis Psychosozialnachsorge“ zu Genüge. „Genau deshalb richtet sich der Kongress auch nicht nur an Erkrankte, sondern auch an das Umfeld.“ „Für Kinder zum Beispiel fehlen Einrichtungen in Bremen, die ihnen helfen, mit der Erkrankung der Eltern umzugehen.“ In Hamburg gibt es zwei solche Einrichtungen, und Rößler hofft inständig, dass durch den Kongress auch in Bremen der Anstoß für ein solches Projekt gegeben wird. charl

Beginn der Vorträge heute um 10.30 Uhr, am Nachmittag geht es u.a. um „Die Kunst, mit Ärzten zu reden“