Müde Mücken

Hauen oder Stechen sind vorbei. Jetzt hängen sie durch

Werden Mücken im September müde? Vielleicht lebensmüde? Keine Frage: sie wirken schlapper, die Biester, die uns wochenlang bluthungrig umkreist haben. Sie surren leiser in die Stuben und setzen sich einfach in die Ecken, als hätten sie begriffen, dass irgendwann, am Ende, auch mal Versöhnung sein muss. Derweil ihre Opfer fast wehmütig schauen, wenn die letzten Boten eines warmen Sommers nur noch wie schwarze Fädchen harmlos an den Wänden kleben.

„Müde? Mücken bleiben bis Oktober fit“, widerspricht nüchtern Michael Abendroth. Der Mann vom Bund für Umwelt und Naturschutz findet das sogar schön – aus der Froschperspektive. Und aus der von Fledermäusen und verspäteten Sommerbrütern. Für die kleine Kolonie Mehlschwalben beispielsweise, die an der Schlachte noch die Kleinsten fliegen lehrt, obwohl die doch schon lange im Süden sein sollten. Möglich, dass die zweite Brut dieses Jahr durchkommt – dank der Mücke, lateinisch Culex, der gemeinen Schnake also, einem zumeist hausgemachten Problem, das in halbvollen Gießkannen und unbewegten Gartenteichen entsteht und so lange in die Stuben zieht, wie Menschen ihre Fenster offen lassen.

„Schluss ist erst, wenn die Temperaturen drastisch fallen“, sagt Abendroth. Dann suchen die Mückenbräute nach einem letzten Tänzchen im männlichen Schwarm nicht mehr nach Blut. Dann retten sie das Sperma und sich selbst in eine geschützte Ecke – bis zum nächsten Jahr. Während das ewig magere Männchen, auch wenn es nur wenig Nektar braucht, langsam verreckt.

„Nicht alle“, sagt Hakon Nettmann. Der Uni-Biologe hat Mückenmännchen auch schon ganz früh im Jahr tanzen sehen, als die Weibchen gerade die ersten Eier legten. „Einige männliche Exemplare müssen also überwintern“, schließt er und ist sicher: Vor allem die überlebenshungrigen unter den Befruchtern fliegen dieser Tage Zimmer an, um nicht draußen noch den letzten Schwälbchen zum Opfer zu fallen. ede