Haider wieder weg

In Österreich überrascht Jörg Haider die eigene FPÖ und zieht seine Kandidatur um den Parteivorsitz zurück. Rufe nach Susanne Riess-Passer

WIEN taz ■ Orientierungslosigkeit macht sich in der Anhängerschaft der FPÖ breit. Jörg Haider, der erst am Mittwoch zum einzigen Kandidaten für den Parteivorsitz nominiert worden war, verkündete am Samstagnachmittag knapp, er ziehe sich wieder einmal gänzlich zurück.

Justizminister Dieter Böhmdorfer, einer der besten Haider-Freunde, gab sich überzeugt, dass dieser Rücktritt endgültig sei. Haider selbst begründete seinen überraschenden Schritt damit, dass Wirtschaftsinteressen im Rahmen des geplanten Kaufs von Abfangjägern die Partei lähmen würden. Während Interimsobmann und Verteidigungsminister Herbert Scheibner ein eifriger Verfechter des Rüstungskaufs ist, rühmte sich Haider, ihn verhindert zu haben. Dieser Widerspruch wäre im Wahlkampf kaum zu überbrücken gewesen.

„Die bisherigen Regierungsmitglieder und die sie umgebenden Interessengruppen haben nun die Möglichkeit, ihre Linie in der Gesamt-FPÖ durchzusetzen und einen für die ÖVP maßgeschneiderten Koalitionspartner darzustellen“, heißt es in Haiders Erklärung. Nicht nur Wolfgang Schüssel, sondern auch ÖVP-Fraktionschef Andreas Khol hatten in den letzten Tagen eine Neuauflage der Wendekoalition als erstrebenswert bezeichnet.

Justizminister Böhmdorfer erklärte gestern in der Fernseh-Pressestunde, die FPÖ sei „jetzt nicht mehr zerrissen, weil Haider das größte Streitpotenzial herausgenommen hat, nämlich sich selbst“. Er appellierte an die noch amtierende Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer, ihren letzte Woche verkündeten Rücktritt nochmals zu überdenken. Der Nationalrat soll sich erst am Freitag auflösen. Die Neuwahlentscheidung könne noch überdacht werden. Riess-Passer schloss in einer ersten Reaktion den Rücktritt vom Rücktritt als Parteichefin aus. Aus Solidarität trat mit ihr am Samstag FPÖ-Generalsekretär Peter Sichrovsky zurück. In Umfragen liegt die FPÖ inzwischen nur noch bei 14 Prozent. Völlig offen ist, wer nächsten Samstag beim FPÖ-Parteitag für den Vorsitz kandidieren wird. RALF LEONHARD