Sozialdemokraten behaupten sich

Bei den Parlamentswahlen in Schweden verteidigen die Sozialdemokraten unter Regierungschef Göran Persson klar ihre Mehrheit. Fortsetzung einer Koalition mit Grünen und Linkssozialisten erwartet. Desaster für konservatives Lager

aus Stockholm REINHARD WOLFF

Mit einem fast unverändertem Kräfteverhältnis zwischen den beiden politischen Blöcken endeten am Sonntag die Parlamentswahlen in Schweden. Der Sozialdemokrat Göran Persson kann weiterregieren, braucht für eine parlamentarische Mehrheit aber wie bisher die Stimmen der Linkssozialisten und der Grünen. Doch innerhalb dieses Regierungsbündnisses wurden die Sozialdemokraten kräftig gestärkt. Sie legten mit 40 Prozent um 3,6 Prozent zu. Etwa so viel wie die exkommunistische Linkspartei – jetzt 8,4 Prozent – verlor. Die Grünen konnten mit 4,6 Prozent ihre Position leicht verbessern und ein Mandat dazugewinnen.

Schwedens WählerInnen standen vor einer deutlichen Alternative. Die konservativ-liberale Opposition lockte mit Steuersenkungen, die einen Abbau öffentlicher Dienstleistungen bedeutet hätten. In Stockholm hatten sie diese neoliberale Linie in der letzten Legislaturperiode bereits vorgeführt. Dass die SchwedInnen lieber etwas mehr Geld für eine funktionierende Müllabfuhr zahlen, als – wie aktuell – mit einer Rattenplage konfrontiert zu sein und zu erleben, wie ihre Hauptstadt verslumt, zeigte das dortige Resultat. Die Sozialdemokraten legten mit 6,5 Prozent doppelt zu und schicken mit den Linkssozialisten und den Grünen die konservativ-liberale Stadtregierung in die Opposition.

Dieses ist auch das Ergebnis der Einwandererstimmen. Der Anteil der nicht aus Schweden stammenden Stimmberechtigten beträgt in Stockholm 8 Prozent. Diese wählten zu 73 Prozent rot-grün, Stimmberechtigte aus nicht europäischen Ländern zu 84 Prozent. Vor allem Sozialdemokraten und Linkssozialisten gelang eine Mobilisierung dieser Wähler, unter anderem mit Wahlinformationen in 18 Sprachen.

Zu dramatischen Verschiebungen kam es zwischen den vier bisherigen und künftigen Oppositionsparteien. Die konservativen Moderaten verloren ein Drittel ihrer Wähler und kamen nur noch auf 15 Prozent. Die Christdemokraten verloren ein Viertel und landeten bei 9 Prozent. Steigern konnten sich die liberale Zentrumspartei (6,2 Prozent), vor allem aber die ebenfalls liberale Volkspartei mit einem Sprung von 4,7 auf 13,3 Prozent. Die Volkspartei hatte sich mit ihrem steuer- und sozialpolitischem Konzept am ehesten den Sozialdemokraten angenähert, während die Moderaten die extremste neoliberale Alternative präsentierten. Die Volkspartei konnte vermutlich auch Stimmen mit einem integrationspolitischen Programm holen, das viele WählerInnen als „streng“ verstanden, da es für die Erlangung der Staatsangehörigkeit einen Sprachtest vorsieht.

Demgegenüber büßten die Moderaten laut Einschätzung ihres Vorsitzenden Lundgren Stimmen dadurch ein, dass Teile ihrer Basis wenige Tage vor der Wahl mit ausländerfeindlichen Äußerungen in den Medien präsentiert wurden. Auf nationaler Ebene eher nebensächlich, spielte das Flüchtlings- und Ausländerthema in einigen Kommunen eine größere Rolle. Vor allem in der südschwedischen Provinz Schonen, traditioneller Hochburg für Rechtsaußen-Stimmungen. Ergebnissen der mit den Parlamentswahlen gleichzeitig stattfindenden Kommunalwahlen zufolge ziehen die ausländerfeindlichen „Schwedendemokraten“ oder ähnliche fremdenfeindliche lokale Gruppen statt in bisher 5 in 17 Gemeindevertretungen ein.

meinung Seite 12, portrait Seite 13