lokalkoloratur

Es ist Mitternacht, die Journalisten sind müde, und Klaus Wowereit ordert das nächste Bier. Der Regierende Bürgermeister von Berlin ist hier allerdings für niemanden Klaus Wowereit, hier in St. Georg ist er der „Wowi“. Wowereit ist auf Tour in den Schwulenkneipen des Viertels, offiziell ein Wahlkampftermin, doch jetzt, nach 23 Uhr bei der mittlerweile vierten Kneipenstation, hat er „auch keine große Lust mehr, eine politische Rede zu halten“. Stattdessen macht er an der Theke Basisarbeit. Wowereit ist auf Einladung der Schwusos, der Schwullesben der SPD, in der Stadt. Die hatten auch die Idee für den Zug durch die Gemeinde, und jetzt scharen sie sich in T-Shirts mit der Aufschrift „Stoiber verhüten“ um Wowereit, ganz aufgeregt, dass der Bürgermeister tatsächlich gekommen ist. Zur Begrüßung in der G-Bar an der Langen Reihe gibt es Kir Royal, Wowereit greift gleich zweimal zu und sagt ein bisschen was über „diesen Satz, den ich im Vorjahr mal gesagt habe“. Immer wieder wird er an diesem Abend die Geschichte seines Outings zum Besten geben, sich artig bedanken für die Unterstützung, „die ich auch aus Hamburg dafür bekommen habe“. 21.30 Uhr Café Gnosa. 22 Uhr Bistro des Artistes. 22.30 Uhr Bellinis. Der Ablauf ist immer derselbe: Wowereit kommt rein, sagt ein paar Worte, holt sich etwas zu trinken und setzt sich irgendwo an einen Tisch, um zu plauschen. Sofern das geht, wenn Kameraleute drum herum stehen. Der Bürgermeister bemüht sich trotzdem um Lockerheit, erzählt Schwänke aus dem Berliner Regierungsleben. Zwischendurch spricht er den Journalisten noch einen Kommentar zu Ronald Schill ins Mikro, der mit Wowereit nur das eine gemeinsam hat: Den Ruf, abends nicht zu früh ins Bett zu gehen. Als es schon Nacht geworden, kommt der merklich verkleinerte Trupp im „Bellinis“ an der Danziger Straße an. „Ich bin ein Bellini“, kalauert Wowereit, und dann ist es auch Mitternacht. Wowi ist immer noch fit, und der Zug nach Berlin fährt erst am Morgen um acht. AHA