Umgangsausländisch

„Fahren Sie auch einen Viertakt-Verbrennungsmotor?“ oder Die Schwierigkeit der Verständigung in der Ferne

„Wer in ein Land reist, bevor er einigermaßen in dessen Sprache eingedrungen ist, sollte lieber zur Schule gehen, aber nicht auf Reisen“, erkannte schon Francis Bacon im 16. Jahrhundert.

Mancher Urlauber nimmt den alten Bacon beim Wort und belegt einen Auslandaufenthalt vorbereitenden Crashkurs „Touristen-Italienisch perfekt in 12 Wochen“. Später in Napoli steuert der VHS-Absolvent direttamente aufs richtige stille Örtchen zu: Er verschwindet ohne zu zögern hinter der Tür mit der Aufschrift „Signori“, sie hinter der mit „Signore“.

Andere Lernertypen greifen im Selbststudium zum Sprachführer „Praktische Redewendungen und Wörter für die Reise“, um sich fremdsprachlich für die schönsten Wochen des Jahres fit zu machen. Am Urlaubsdomizil in Firenze bilden sie umwerfende Sätze. Zum besseren Verständis hier die deutsche Übersetzung: „Fahren Sie auch einen Viertakt-Verbrennungsmotor?“ – „Würden Sie mir bitte den nächsten Weg zum Handschuhladen weisen?“ – „Ich möchte ein federleichtes Opernglas ausleihen!“

Die überwältigende Mehrheit der Touristen verhält sich im Urlaubsalltag aber immer noch postkolonialistisch. Nach den Devisen: Die Eingeborenen („Itaker“) leben von unserer schwer verdienten Mark, also sollen sie gefälligst auch Deutsch mit uns sprechen. Basta!

Die haben längst verstanden. Und ihrerseits hinter der Ladentheke fleißig Deutsch (und sonstiges Ausländisch) gebimst. In jeder Souvenirbude und jeder Juwelierboutique steht inzwischen schwarz auf weiß, von farbigen Nationalfläggchen unterstützt: „Man spricht deutsch“, „English spoken“, „On parle français“, „Si parla italiano“, „Se habla espanol“. Mancher menschliche Laden-Hüter hat es zum veritablen Polyglotten gebracht. Streng genommen sind es aber gerade mal 230 bis 245 Wörter in jeder Sprache, so eine amtliche Schätzung, die der Bereiste im Verkehr mit dem Reisenden auf der Pfanne hat.

Parlieren zu können ist also das Schmiermittel der Völkerverständigung. Kauderwelsch kommt im Zweifel immer besser an als Kannitverstan. Doch die Beweggründe des Spracherwerbs von Einheimischen und Reisenden sind in der Regel komplementär verteilt: Erstere wollen den Rubel rollen sehen, Letztere sich nicht übers Ohr hauen lassen. GÜNTER ERMLICH