Der prinzipientreue Rüstungskontrolleur

Hans Blix, Chef der UN-Waffeninspekteure, lässt sich weder von Bagdad noch von Washington ausnutzen

Seit zweieinhalb Jahren ist Hans Blix schon im Amt. Jetzt sieht es für den 73-jährigen schwedischen Diplomaten endlich so aus, als könne er seine Koffer packen und die Aufgabe antreten, für die der UN-Sicherheitsrat ihn angeheuert hat. Die Leitung der Waffeninspektion Unmovic im Irak. Diese Woche stellte er auf, die überraschende Einladung der irakischen Regierung hin, seinen Zeitplan vor, nach dem Mitte Oktober erste Experten nach Bagdad entsandt werden sollen. Mit der Inspektion aus der Ferne, so den von den USA vorgelegten Satellitenfotos, welche beweisen sollten, dass der Irak dabei ist, sein Arsenal an Massenvernichtungswaffen wieder aufzubauen, konnte er nämlich nicht viel anfangen. Doch grundsätzlich gilt: Der Irak hat die Beweislast. „Es genügt nicht, dass sie uns einreisen und alles anschauen lassen, was wir sehen wollen. Der Irak muss beweisen, was er behauptet – keine Massenvernichtungswaffen mehr zu besitzen.“

Nach den Enthüllungen seines Vorgängers Rolf Ekéus, der Unmovic-Vorgänger Unscom sei von Washington als Spionageinstrument ausgenutzt worden, hat er eine durchaus heikle Aufgabe. Als „Spion“ bezeichnete ihn Iraks Vizepräsident Taha Jassin Ramadan vor drei Wochen in einem Zeitungsinterview gleich vorab. Dann wäre er allerdings einer, dem auch sein Auftraggeber misstraut. Nach Informationen der Washington Post erhielt nämlich die CIA den Auftrag von der US-Regierung ihn gründlich durchzuchecken, vor allem was seine frühere Tätigkeit als Kontrolleur von Iraks Atomwaffenprogramm angeht. Damals hatte nämlich die von Blix geleitete IAEO nichts von dem gefunden, was der Unscom 1991 schnell gelang: Beweise für ein irakisches Atomwaffenprogramm.

Der 1928 in Uppsala geborene Blix ist studierter Völkerrechtler und erhielt neben Titeln von US-Universitäten auch einen Ehrendoktorhut in Moskau. Von 1961 bis zu seiner Ernennung zum Chef der Internationalen Atomenergiebehörde IAEO 1981 war er Mitglied der schwedischen Delegation bei der UN-Generalversammlung, von 1962 bis 1978 gleichzeitig der bei der Abrüstungskonferenz in Genf. 1978 wurde er für ein Jahr Schwedens Außenminister. Mit Fragen der Atomenergie beschäftigte er sich seit 1980. Bei der damaligen Volksabstimmung über die Zukunft der schwedischen Atomkraft führte er die Kampagne der – siegreichen – Alternative, die einen Ausstieg bis zum Jahre 2010 propagierte. Als IAEO-Chef, dem seine Amtszeit viermal verlängert wurde, verlor er allerdings recht schnell diese Skepsis bezüglich einer längeren Zukunft für die Atomenergiewirtschaft. Je mehr neue Atomkraftwerke, um so besser für die Umwelt, lautete nun seine Botschaft.

Seinen völkerrechtlichen Prinzipien blieb er allerdings immer treu. Er kritisierte die Art und Weise, mit der der Westen die Rambouillet-Verhandlungen mit Milošević führte und den Krieg der Nato im Kosovo. Aufgrund des Aggressionsverbots in der UN-Satzung nicht akzeptabel war – und ist – für ihn außerdem der „einseitige Beschluss“ von USA und Großbritannien, den Süden des Irak zu bombardieren. Ihn als „US-Lakaien“ abzutun, dürfte Bagdad nicht ganz einfach fallen. „Wenn man unsere Arbeit nicht verzögert oder einschränkt, können wir eine entscheidende Rolle spielen“, hofft Blix: „Und wir können für eine friedliche Lösung arbeiten.“

REINHARD WOLFF