Alemán abgesetzt

Nicaraguas Expräsident ist nicht mehr Vorsitzender des Parlaments und kann wegen Korruption belangt werden

WIEN taz ■ Tausende Nicaraguaner marschierten am Donnerstag durch den strömenden Regen, um die Absetzung von Expräsident Arnoldo Alemán als Parlamentspräsident zu feiern. Die Abwahl des alten und Wahl eines neuen Vorsitzenden der Nationalversammlung macht den Weg frei für die Auslieferung des Exstaatschefs an die Justiz. Ihm wird Geldwäsche und betrügerische Bereicherung im Wert von über 100 Millionen Dollar vorgeworfen.

Die Abstimmung in der Nationalversammlung wird als großer Sieg im Kampf gegen Korruption und Straflosigkeit betrachtet. Der Druck der öffentlichen Meinung und die Weigerung der USA, seine Eskapaden weiter zu decken, hatten Alemán dazu gezwungen, Mitte der Woche eine Untersuchungskommission zur Prüfung der Korruptionsvorwürfe einzusetzen. Allerdings sorgte er durch deren Besetzung mit bedingungslosen Anhängern gegen unerwünschte Ergebnisse vor. Das war selbst einigen Freunden unter den Abgeordneten zu viel und erstmals gab es im Parlament eine knappe Mehrheit gegen den umstrittenen Caudillo. Da der Parlamentspräsident die Aufhebung seiner Immunität auch gegen eine Mehrheit mit taktischen Manövern verhindern könnte, führte der Weg über den Austausch des Vorsitzes. Dem versuchten sich die Alemanisten mit immer groteskeren Mitteln zu widersetzen. Sie boykottierten nicht nur die Plenarsitzung am Donnerstag, sondern verriegelten auch das Parlamentsgebäude. Die zur entscheidenden Abstimmung erschienenen Abgeordneten mussten einen Schlosser kommen lassen. Ohne Klimaanlage, mit einem einzigen Saalmikrophon mussten sie das Quorum bestätigen, um schließlich Alemán und seine Getreuen abzuwählen und den Vorsitz durch sandinistische und regierungsloyale Mitglieder zu ergänzen. Alemán blieb der Sitzung fern.

Für Präsident Enrique Bolaños, der von Miami aus Beifall spendete, ist die bevorstehende Auslieferung seines Vorgängers ein wichtiger Sieg. Denn seine hohen Popularitätswerte trotz wirtschaftlicher Misere hat er fast ausschließlich der Korruptionsbekämpfung zu verdanken.

RALF LEONHARD