„Eigentlich nichts gemeint“

Herta Däubler-Gmelin gerät kurz vor der Wahl unter Druck: Nach den Rücktrittsforderungen der Opposition hat die Bundesjustizministerin sichtlich Probleme, ihre Äußerungen über US-Präsident George Bush und Adolf Hitler zu erklären

BERLIN taz ■ Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin hat gestern Abend in einer ausführlichen Pressekonferenz versucht, ihren Kopf zu retten. Dabei bestritt sie, US-Präsident George Bush mit Adolf Hitler verglichen zu haben. Trotzdem stiftete ihr Auftritt mehr Verwirrung, als er Klarheit schaffte. Gleichzeitig räumte sie ein, dass Bundeskanzler Gerhard Schröder sie am Nachmittag angerufen und gebeten habe, der Öffentlichkeit Rede und Antwort zu stehen.

Die Lokalzeitung Schwäbisches Tagblatt in Däubler-Gmelins Heimatwahlkreis Tübingen hatte berichtet, die SPD-Politikerin habe vor einer Runde von Gewerkschaftern gesagt: „Bush will von seinen innenpolitischen Schwierigkeiten ablenken. Das ist eine beliebte Methode. Das hat auch Hitler schon gemacht.“ Nach Angaben der Zeitung hatte die Ministerin das Zitat nach der Veranstaltung in einem Telefonat mit der Redaktion autorisiert. Däubler-Gmelins Sprecher Thomas Weber widersprach dieser Darstellung. Die Ministerin habe zwar mit der Redaktion gesprochen, das Zitat aber nicht freigegeben. Weber bestätigte allerdings, dass der Name Hitler in dem Gespräch mit den Gewerkschaftern gefallen sei, „aber nicht im Sinne eines Vergleichs oder eines Beispiels“.

Die Ministerin gab ihre Aussage auf der Veranstaltung mit den Worten wieder: „So was haben wir auch schon in Deutschland gehabt seit Adolf Nazi.“ Damit habe sie sich auf „Ablenkungsmanöver“ bezogen. Auf Nachfrage sagte sie, sie habe damit „eigentlich nichts“ gemeint und sprach von „unglaublich emotionalisierter Berichterstattung“.

Sie bestritt auch die ihr zugeschriebene Bezeichnung des US-Justizsystems als „lausig“ sowie die ihr zugeschriebene Behauptung, Bush säße im Gefängnis, wenn die Strafvorschriften gegen Insidergeschäfte bereits früher gegolten hätten. „Diese Worte sind nicht von mir, und woher die [Journalisten] sie haben, müssen Sie die Kollegen fragen“, sagte die Politikerin. Der Anwalt Matthias Prinz prüfe in ihrem Auftrag rechtliche Schritte.

Union und FDP verlangten den Rücktritt der Ministerin, weil sie mit ihrem angeblichen Vergleich Bushs mit Adolf Hitler die deutsch-amerikanischen Beziehungen schwer belastet habe.

Schröder ließ seinen Sprecher gestern Mittag mitteilen, er halte „zurzeit keine Konsequenzen“ für nötig. Die Rheinische Post meldete, Schröder wolle die Ministerin nach einem Wahlsieg nicht mehr in sein Kabinett berufen.

Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye sagte, Däubler-Gmelin habe „ohne jeden Zweifel“ ihre Aussage klargestellt. „Der Kanzler glaubt der definitiven Äußerung der Ministerin.“ Heye wies aber darauf hin, dass Schröder gesagt hatte: „Wenn jemand den amerikanischen Präsidenten mit Verbrechern vergleichen würde, hätte dieser keinen Platz in der Regierung.“