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: Friedrichshain tomatet Kreuzberg

Sonntagmorgen in Friedrichshain-Kreuzberg. Heute ist der Tag der Entscheidung. Die Gegend um die Oberbaumbrücke gilt als unsicher. Hier liefern sich seit fünf Jahren Kreuzberger und Friedrichshainer Separatisten traditionelle Schlachten mit Gemüse, Obst und anderen verdorbenen Lebensmitteln. Schon seit Tagen haben sich die Widersacher Wortgefechte auf der Internet-Plattform Indymedia.de geliefert. Die Kreuzberger hätten einen Bioanschlag auf Friedrichshainer Gebiet verübt und wenig später habe ein Transparent zur Schlacht „Kreuzberg vs. Nordostkreuzberg“ aufgerufen, heißt es aus dem Osten. Wenn die Friedrichshainer bis zum Samstag keine Kapitulationserklärung abgegeben hätten, treffe man sich am Sonntag um 13 Uhr, heißt es aus dem Westen.

Die Polizei ist mit mehreren Mannschaftswagen präsent. Ihr Ziel: Der Verkehr darf nicht gestört werden und die Spaßchaoten sollen selber für die Reinigung der Straße sorgen, Berlin ist schließlich pleite. Die Chaoten lassen allerdings auf sich warten. Es regnet und auf der Friedrichshainer Seite steht ein kleines Häufchen Antifas mit schwarzen Kapuzis, eine Frau probiert schon mal ihre Wasserpistole aus.

Auf der Kreuzberger Seite sieht es noch trostloser aus. Ein junger Lokalpatriot mit weißem Overall und Schutzhelm ist zerknirscht: „Die Friedrichshainer müssen uns Leute abgeben, sonst haben wir keine Chance.“

Plötzlich kommt Bewegung in beide Lager. Die Friedrichshainer Horde geht zum Angriff über und die Kreuzberger versuchen möglichst Boden gutzumachen. Die Polizisten, die sich zwischen den Kontrahenten aufgebaut haben, springen zur Seite. Friedrichshain ist gut ausgerüstet. Schaumstoffknüppel werden geschwungen und Wahlplakate dienen als Schilde, zum Angriff ertönt eine Trompete. Pferdemist, faule Eier und Mehl fliegen durch die Luft, jemand zündet eine Rauchbombe.

In Kreuzberg hat man sich auf Gemüse spezialisiert, Möhrenbrei und alte Paprika. Einige Polizisten stehen belustigt daneben, einer findet die Spaßkrawalle aber überhaupt nicht komisch. Er ist krawallerfahren noch aus alten Hausbesetzerzeiten, und spaßig sei das nie gewesen. Eine Lautsprecherdurchsage unterbricht die Auseinandersetzung.

Die Kontrahenten zerstreuen sich schnell. Es habe sich wieder mal gezeigt, dass in Kreuzberg keine Pazifisten wohnen, sagt der Mann im Overall. Ein Friedrichshainer fühlt sich als Sieger. Er hat alle seine Zwiebeln verschossen. Nun geht er wählen.

TIL