wahltag
: Berliner dachten zuerst an sich

Wenn Bundeswahlen etwas über die Zufriedenheit der WählerInnen auf Landesebene aussagen, dann ist der rot-rote Berliner Senat klarer Verlierer dieser Abstimmung. Vor allem für die PDS wird die Luft in ihren Ostberliner Hochburgen dramatisch dünn. Da heißt es nun „Zurück auf Los“ und „Rupfen Sie unterwegs ein dickes Huhn mit Gregor Gysi“! Das Abschmieren der Sozialisten schwächt zudem die Stabilität und Überzeugungskraft des rot-roten Sparsenats. Insgesamt aber behielten die BerlinerInnen ihre eigenen Interessen klar im Auge.

Kommentar von ADRIENNE WOLTERSDORF

Denn für die Hauptstädter kann es nur ein Wunschergebnis geben: eine Fortsetzung der rot-grünen Koalition. Nicht, weil alle so zufrieden mit Gerhard Schröders Kurs sein könnten, oder die Bayern in Berlin keinen Fuß auf den Boden kriegten, sondern weil die BerlinerInnen an ihre bankrotte Metropole denken müssen. Die wird in der kommenden Legislaturperiode sehr viel Verständnis vom Bund erbetteln müssen. Und harte Euros. Geht alles so erstaunlich geräuschlos weiter, wird der rot-rote Senat noch bis 2006 im Amt bleiben. Hätte er es in Zukunft mit einer an der Regierung beteiligten CDU/CSU zu tun, dann müssten die Genossen und Sozialisten wirklich schwarz sehen.

Einen „Tabubruch“ hatte Edmund Stoiber bis zuletzt das rot-rote Bündnis gescholten. Wenig wahrscheinlich also, dass ausgerechnet die Rechten für die Sanierung der Hauptstadt tief in die Tasche gegriffen hätten. Und im Wahljahr 2006 würden sie einer Berliner Linksregierung kaum das Schwarze unterm Nagel gönnen. Besser fährt die Hauptstadt also mit einer Schröder’schen Bundesregierung. Die dürfte ein irgendwie geartetes Interesse haben, Berlin am Laufen zu halten. Um zu zeigen: Die SPD flickt, was die CDU vermasselt hat.