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: Der Rest vom Fest – oder was von der WM geblieben ist

Süße Erinnerungen wider die herbstlichen Schwermutsattacken

Nun, da Wahlen und Sommer auch schon wieder vorbei sind und just ab heute die Blätter ganz offiziell von den Bäumen fallen, lohnt das Kramen in Erinnerungen besonders, schon um den düsteren Herbstgedanken ein wenig entfliehen zu können. Der Blick zurück auf den Sommer bietet sich da an, der ein warmer war und ein aufregender, schon wegen der Wochen in Asien. Man schwelgt also ein bisschen vor sich hin, denkt an Kugelfisch und ans Finale – und fragt sich irgendwann, was denn nun wirklich geblieben ist von diesem Sommer und dieser Weltmeisterschaft. Und plötzlich, ganz von selbst, muss man an Werder denken, obwohl man sonst nie an Werder denken muss, und an Hertha und sogar an die Bayern, die in diesen Tagen mehr als alle anderen die unendliche Güte haben, an die süßen Tage in Japan und Südkorea zu erinnern, Woche für Woche, Spieltag für Spieltag.

Danke, Werder, möchte man also sagen. Merci vor allem Johan Micoud, der ebenfalls bei der WM war, auch wenn er dort keine so schöne Zeit verleben durfte. Micoud musste den verletzten Zinedine Zidane ersetzen – und als Frankreich, der Titelverteidiger, dann schon in der Vorrunde ausgeschieden war, hat es nichts besser zu tun gewusst, als Micoud zum Sündenbock zu stempeln. Und dafür muss der schmächtige Franzose jetzt in Bremen spielen, was auf den ersten Blick eine der Höchststrafen ist für einen Fußballprofi, für Werder und die Bundesliga aber ein Glücksfall, weil Micoud eine echte Granate ist, auch wenn er am Samstag die rote Karte sah, völlig unberechtigt übrigens. Gewonnen hat Werder freilich schon wieder, das dritte Mal nun schon mit seinem neuen Chéri.

Ein Wort des Dankes, so schwer es auch fällt, muss freilich auch nach München versendet werden, wo Michael Ballack derzeit noch besser zaubert als einst in Asien – und mit seinem Zuckerpass nicht nur jeden Gegner nass macht, sondern fortwährend daran erinnert, wie er sich heldenhaft aufgeopfert hat mit seinem Foul im Halbfinale, von dem es hernach hieß, es sei ein taktisches gewesen – und habe den Deutschen erst das Finale beschert. Dass Ballack jetzt den Bayern hilft, Titel zu gewinnen, trübt die Freude, ihn spielen sehen zu dürfen, zwar erheblich, ist nun aber auch nicht mehr zu ändern. Hauptsache, Ballack spielt überhaupt in der Bundesliga.

Das würde man gerne auch von Luiz Carlos Goulart sagen, aber Luizão, der einzige Weltmeister, der nach Deutschland gekommen ist, spielt nicht bei Hertha, sondern sitzt nur auf der Bank. Wie sehr wird er wohl zurückdenken an den Sommer und an Asien, jetzt, da es Herbst wird im Land? FRANK KETTERER