Wer wagt, kann gewinnen

Kein Mehrwert ohne Mehrpreis: Bei Wagniskapital unterscheidet man drei Typen – je nachdem in welcher Phase einer Firma investiert wird. Anfänger haben in diesem Segment aber nichts zu suchen

Unter „Private Equity“ oder „Venture Capital“ werden alle Finanzierungsformen für noch nicht an den Börsen notierte Unternehmen zusammengefasst. Man unterscheidet unterschiedliche Typen von „Wagniskapital“, je nach dem in welcher Entwicklungsphase eines Unternehmens investiert wird. Diese Phasen reichen von der „Seed“ genannten Gründungsphase bis hin zur Phase unmittelbar vor Börsengang („Pre-IPO“) oder Übernahme des Unternehmens durch ein anderes Unternehmen („Buy-out“). Während Private Equity sämtliche Risikokapital-Typen bezeichnet, versteht man unter Venture Capital eher während der frühen Phasen investierte Mittel. Allerdings wird in Deutschland der Begriff Venture Capital häufig auch als Oberbegriff verwendet.

Es gibt drei typische Formen für solche Beteiligungen. Direktinvestments, bei denen direkt in nicht gelistete Unternehmen investiert wird und auch direkte Investitionen in so genannte Private-Equity-Fonds, also in von Venture-Capital-Gesellschaften aufgelegten Beteiligungsportfolios, sind wegen der notwendigen eher sieben- als sechsstelligen Größenordnungen der Tranchen nur für sehr große private oder für institutionelle Investoren möglich. Private Investoren, die in den Risikokapitalmarkt investieren wollen, können sich über Private-Equity-Dachfonds mit Tranchen ab etwa 25.000 Euro beteiligen. Diese Fonds, bei denen ein Management die Auswahl der Zielfonds und manchmal auch der Direktbeteiligungen vornimmt, hat neben der Minderung des Risikos durch dessen bessere Verteilung vor allem den Vorteil, dass die Fachkompetenz für die Auswahl der Investments sichergestellt wird.

Eine ausgefeilte Strategie bei der Suche nach Beteiligungen und eine eingehende Analyse und Prüfung des Unternehmens beispielsweise hinsichtlich des Managements ist wesentlich für den Erfolg des Investments. Kein Mehrwert ohne Mehrpreis, die Kosten für das Fondsmanagement nagen schmälern natürlich die Renditen. Eine Beteiligung an einem Fonds stellt in jedem Fall eine unternehmerische Beteiligungen mit allen Chancen und Risiken dar. Gegen die Chance, an einem Markt mit in der Vergangenheit sehr attraktiven Renditen von jährlich durchschnittlich mehr als 17 Prozent zu partizipieren, steht das Risiko eines Totalverlustes des eingesetzten Kapitals.

Ein weiterer Nachteil ist die fehlende Flexibilität. In der Regel müssen die Beteiligungen bis zum Ende der Laufzeit des Fonds gehalten werden, weil es einen funktionierenden Zweitmarkt nicht gibt. Anleger, die Anteile an einem Private-Equity-Fonds zeichnen, müssen daher einen langen Anlagehorizont und eine hohe Risikobereitschaft haben und sollten lediglich einen kleinen Teil ihres Gesamtvermögens investieren.

Wichtigste Kriterien für die Beurteilung solcher Beteiligungsfonds sind neben der Einhaltung von Standards wie der Transparenz und Professionalität des Prospekts die Erfahrung und Qualität des Managements sowie die Leistungsbilanzen der Zielfonds, in die investiert wird.

In Deutschland hat der Risikokapitalmarkt erst mit dem Gründungsfieber der späten 90er-Jahre eine gewisse Größenordnung erreicht. Insgesamt stiegen die jährlichen Mittelzuflüsse von 1,7 Milliarden im Jahr 1998 auf 4,4 Milliarden Euro im Jahr 2000. Der Löwenanteil wurde mit 63 Prozent von institutionellen Investoren gezeichnet. Nur 7 Prozent des Volumens wurden von privaten Anlegern und 12 Prozent von Dachfonds angelegt. Allerdings ist auch mit dieser stattlichen Steigerung der deutsche Markt im Vergleich zu den angelsächsischen Märkten eher klein. In den USA werden jährlich 37,6 Milliarden Euro und in Großbritannien immerhin 6,9 Milliarden Euro investiert.

Eine massive Konsolidierung des Marktes ist seit Mitte 2000 im Gange. Die Goldgräberstimmung der späten 90er ist vorbei. Die Verluste an den Börsen schlagen sich auch auf den Markt für Risikokapital nieder. Harald Christ, Geschäftsführer des Dachfonds-Initiators HCI, bestätigt die zurückhaltende Stimmung auf dem Markt. Das Platzierungsvolumen sei im Vergleich zu 1998 bis 2000 um 75 Prozent zurückgegangen. Auch Ulrich Oldehaver, Marketingvorstand des bundesdeutschen Marktführers MPC, bestätigt den Rückgang. Allerdings, darauf weisen beide hin, gilt das nur für den so genannten Retailbereich, das heißt für den Privatanleger mit fünf- oder sechsstelligen Tranchen. Die großen institutionellen Investoren, Versicherungen, Pensionsfonds oder die Verwalter großer Privatvermögen zeigen dagegen keine Verunsicherung. Sie investieren eher verstärkt in den Bereich. Das investierte Volumen ist mit 4,4 Milliarden Euro im Jahre 2001 entsprechend stabil geblieben. Maßgeblich für die Zurückhaltung der Privatanleger, darüber sind sich die Marktteilnehmer einig, sind die drastischen Kurseinbrüche an den Börsen, besonders am Neuen Markt. Zu schnell und unter Auslassung wesentlicher Entwicklungsstufen sind die jungen Unternehmen an die Börse gegangen (worden). Erst nach dem Börsengang wurde dann die Spreu vom Weizen getrennt, ein Vorgang, der sich in normalen Zeiten im vorbörslichen Bereich abspielt.

Wichtiger vielleicht noch als die Rolle des Neuen Marktes, mag die generelle Abneigung der deutschen Investoren gegenüber Risiken sein. Während die Amerikaner mit ihrer langen Aktienkultur gewohnt sind, mit Risiken zu leben, lasten die Kursstürze der letzten beiden Jahre bleischwer auf den Kapitalmärkten in Deutschland.

Im Unterschied zu den sehr hohen Unternehmensbewertungen der späten 90er-Jahre sind inzwischen wieder reelle Preise beherrschend. Olderhaven von MPC ist mittelfristig außerordentlich optimistisch und bedauert, dass sich wie an den Börsen die Privaten sehr prozyklisch verhalten und die guten Einstiegspreise nicht nutzen. Die Investitionen im Jahr 2000 und später versprächen jedenfalls „gute Jahrgänge“ zu werden, so auch Christ. Beide Anbieter prognostizieren Renditen zwischen 15 und 20 Prozent pro Jahr.

Steht diese für eine unternehmerische Beteiligung doch eher bescheidene Performance aber in einem angemessenen Verhältnis zum Risiko? Mit Blick auf die Optimierung des Verhältnisses von Risiko und Rendite in einem Depot kann man dies bejahen. Ein Venture-Capital-Investment erhöht nicht etwa, sondern vermindert im Gegenteil das Gesamtrisiko. Denn die Entwicklung auf dem Venture-Capital-Markt korreliert nicht mit der des Aktienmarktes. „Kracht“ es also an der Börse, sind mit Private Equity dennoch möglicherweise gute Renditen zu erzielen.

Zudem haben die letzten beiden Jahre gezeigt haben, dass keineswegs nur am Neuen Markt, sondern auch bei den großen DAX-Werten Wertverluste von 50 Prozent und mehr möglich sind, sodass die Grenzen zwischen Börsen und Risikokapitalmarkt verschwimmen. Eine Kapitalvernichtung, wie man sie jetzt in großem Maßstab an der Börse erleben konnte, ist bei einem Venture-Capital-Dachfonds zumindest aus der Sicht von Harald Christ nahezu ausgeschlossen. BIRGIT BOSOLD