Von den Lieben im Stich gelassen

Die Schill-Partei am Tag nach der Schlappe: „Ich sag dazu nichts mehr, weil ich dazu nichts sage“. Die wenigen, die was sagen, sehen keinen Zusammenhang zwischen dem Hamburger Bundeswahlergebnis und der Hamburger Landespolitik

„Die Bundestagswahl interessiert mich nicht. Ich habe keine Emotionen. Ich arbeite für Hamburg, und habe hier viel zu verändern. Ich habe für eine Hüpfburg in Wilhelmsburg gesorgt“.

von ELKE SPANNER

Gestern Mittag gegen 12.30 Uhr hat sich Ilona Kasdepke mit dem Ergebnis der Wahl „noch nicht beschäftigt“. Die Schill-Abgeordnete ist aber durchaus bereit, „das jetzt mal zu analysieren“. Eine halbe Stunde später hat sie es getan. Ergebnis: „Ich sag dazu nichts mehr, weil ich dazu nichts sage.“

Fraktionskollege Richard Braak braucht gar nicht erst die Zahlen zu analysieren, weil ihn die Bundestagswahl sowieso „überhaupt nicht interessiert: Ich hab überhaupt gar keine Emotionen“. Die hat der Bürgerschaftsabgeordnete aus Wilhelmsburg deswegen nicht, weil es schließlich eine Bundestagswahl war. Er hingegen arbeitet „für die Stadt Hamburg, ich hab hier sehr viel zu verändern“. Zum Beispiel hat er schon dafür gesorgt, „dass die Kinder in Wilhelmsburg eine Hüpfburg bekommen, aber das schreiben Sie ja sowieso wieder nicht“. Dann fällt ihm noch ein, dass „jedes Volk den Kanzler kriegt, den es verdient“, ehe er genervt auf die Gabel drückt und darin fortfährt, die Stadt zu verändern.

Wolfgang Barth-Völkel, der auf Ticket der Schill-Partei in den Bundestag wollte, zeigt am Tag nach der großen Niederlage Gefühl. „Eine gewisse Enttäuschung“, räumt er ein, „ist natürlich da.“ Mit weniger als einem Prozent habe niemand gerechnet. Zum einen aber war die Partei für eine Kandidatur im Bund „noch zu jung“, und zum anderen „wurden wir von den Medien totgeschwiegen“. Was für die Medien der Stadt Hamburg zwar eigentlich nicht gelten kann, immerhin ist die Schill-Partei hier in der Regierung und sorgt täglich für Schlagzeilen. Aber mit der Politik in Hamburg, ist sich Barth-Völkel sicher, „hat das Wahlergebnis nichts zu tun“.

Sogar seine eigenen Bekannten hätten allesamt die CDU gewählt, obwohl sie Barth-Völkel versichert hätten, ihm bei der nächsten Bürgerschaftswahl natürlich wieder ihre Stimme zu geben. Im Bund aber wollten sie den Wechsel und dafür ihre Stimme nicht an eine Partei „verschenken“, die womöglich nicht über die Fünfprozenthürde kommt. Barth-Völkel hat Verständnis dafür. Er kündigt an, dass sich die Partei jetzt wieder voll und ganz der Kommunalpolitik widmen werde. In Hamburg sei man trotz des Stimmenverlustes um über 15 Prozent nicht geschwächt. Denn „der eigentliche Verlierer dieser Wahl“, sagt der Schill-Abgeordnete, „ist in Hamburg die SPD“.

Christian Brandes, mit 31 Jahren sozusagen die Jugend in der Schill-Fraktion, findet die Frage nach seiner Meinung zur Wahl „eine hervorragende Frage“, nur dazu sagen will er nichts. Seine Fraktionskollegin Karina Weber findet, dass es trotz des schlechten Abschneidens eine richtige Entscheidung von Ronald Schill war, sich der Herausforderung zu stellen. Mit diesem Schritt habe sich der Vorsitzende schließlich dem „demokratischen Votum“ seiner Basis gebeugt. Außerdem habe es die Partei, wenn auch nicht in den Bundestag, so doch trotzdem nach vorne gebracht. Für die Kandidatur hätten die Mitglieder „vieles in Angriff nehmen müssen, was sonst noch länger liegen geblieben wäre“. Die Bildung von Verbänden in anderen Bundesländern beispielsweise. Der Anfang sei jetzt gemacht, jetzt nach der Bundestagswahl könne man die Partei bundesweit aufbauen. Mit der Perspektive, dass es das nächste Mal dann klappen kann.

Weber hofft auch darauf, dass sich jetzt innerhalb der Partei „die Spreu vom Weizen trennt“. Viele Mitglieder bundesweit seien erst in den vergangenen Wochen noch schnell in die Schill-Partei eingetreten „und haben sich schon als Ministerpräsidenten gesehen“. Jetzt, ist sich Weber sicher, würden nur diejenigen weitermachen, „die wirklich an die Partei glauben“.

Einen Zusammenhang mit der Schill-Politik in Hamburg sieht auch Weber nicht. Allein der Abgeordnete Reinhold Schaube deutet zumindest an, dass die Partei die eigene Arbeit nun einmal „sehr kritisch und eingehend beurteilen muss“.