Wer will noch mal? Wer hat noch nicht?

Das Spiel beginnt, die ersten Personalentscheidungen sind gefallen: Däubler-Gmelin geht und Müntefering kommt

BERLIN taz ■ Der Kanzler weiß, wie das Geschäft läuft. Macht er über ungeklärte Personalfragen auch nur die kleinste Andeutung, hat er ein Problem. „Ich mache mir über neue Namen ständig Gedanken“, sagt Gerhard Schröder also am Montag zu den versammelten Journalisten in der SPD-Parteizentrale, „ich verrate sie Ihnen nur nicht.“

Der Kanzler weiß natürlich auch, dass er damit nicht eine einzige Personalspekulation verhindert. Deswegen wollte er wenigstens das Seine dazu beitragen, dass bereits einen Tag nach der erfolgreichen Wahl die ersten frischen, gesicherten Namen auf dem Markt sind. Die beiden Entscheidungen, die er verkündet, sind keine Überraschungen: Justizministerin Herta Däubler-Gmelin wird dem nächsten Kabinett nicht mehr angehören, und SPD-Generalsekretär Franz Müntefering übernimmt den Vorsitz der Bundestagsfraktion. Die dritte Personalie ist Schröder quasi beim launigen Vor-sich-hin-Reden herausgerutscht. Rolf Schwanitz, den außerhalb der Bundesregierung niemand kennt, soll sich weiterhin als Staatsminister im Kanzleramt um den wirtschaftlichen Aufbau Ostdeutschlands kümmern.

Dass Herta Däubler-Gmelin nach ihrem historisch nicht ganz abgesicherten Vergleich zwischen George Bush und Adolf Hitler nicht mehr zu halten sein würde, war schon vor dem Wahlabend klar. Jetzt wurde eine elegante, schmerzfreie Lösung gefunden. Däubler-Gmelin schrieb Schröder am Montagvormittag einen Brief, in dem sie ihn darum bat, sie für die nächste Regierung nicht mehr zu berücksichtigen. Das gab dem Kanzler die Gelegenheit, seiner alten Justizministerin eine „respektable, menschlich anständige und den Umständen gerecht werdende Entscheidung“ zu bescheinigen. Er legte aber noch mal Wert auf die Feststellung, dass Däubler-Gmelin bis heute bestreite, den Vergleich je gemacht zu haben. Als Däubler-Nachfolgerin wird unter anderem die baden-württembergische SPD-Chefin und Juristin Ute Vogt gehandelt.

Auch der Wechsel von Ludwig Stiegler zu Franz Müntefering im SPD-Fraktionsvorsitz war durchaus erwartet worden. Der Niederbayer Stiegler war nach der Berufung von Peter Struck zum Verteidigungsminister ohnehin nur ein Übergangskandidat. Er hatte es mit seiner nassforschen Art („Bush benimmt sich wie Julius Cäsar“) dennoch geschafft, die Genossen ein ums andere Mal in Verzweiflung zu stürzen. Der treue Parteisoldat Müntefering, der Scharping, Lafontaine und Schröder in jeweils größtmöglicher Unabhängigkeit gedient hat, sollte für seine aufreibende Arbeit in beiden Schröder-Wahlkämpfen mit dem Posten des Fraktionschefs belohnt werden. Müntefering hatte sich darauf mit seinem Chef bereits vor ein paar Tagen geeinigt.

Das Gerüst der Regierung steht ohnehin. Eichel (Finanzen), Schily (Inneres), Struck (Verteidigung) und Fischer (Außen) gelten als gesetzt. Auch Künast (Verbraucherschutz) und Trittin (Umwelt) dürften weiter Minister bleiben. Die längste Zeit Ministerin gewesen ist Christine Bergmann (Familie), ihre Kollegen Walter Riester (Arbeit) und Ulla Schmidt (Gesundheit) müssen ebenfalls um ihre Posten bangen. JENS KÖNIG