Kommunikationsform von Minenarbeitern

Ketten zu Bierdeckeln: Das Musical „Gumboots“ entstand aus einer widerständigen Kultur der Apartheidszeit – und macht jetzt auf seiner Tour Halt im St. Pauli Theater

Aus den früher Townships genannten Ghettos südafrikanischer Städte führen auch heute noch wenige Wege heraus. Die Goldminen, für die britische und burische Kolonisatoren unzählige Männer aus ihren meilenweit entfernt wohnenden Familien rissen, bieten inzwischen nur noch wenigen Arbeit. Geschafft haben es die Performer des Musicals Gumboots, das von morgen an in Hamburg gastiert.

Musik, Gesang und Tanz der 1999 entstandenen Show gehen zurück auf eine Kommunikationsform der Minenarbeiter aus dem späten 19. Jahrhundert. Da es verboten war, während der Arbeit im stockdunklen Stollen miteinander zu sprechen, entdeckten die Schwarzen ihr Schuhwerk und die Ketten, mit denen sie an ihren Arbeitsplatz gefesselt waren, als Mittel der Verständigung: Durch Aufstampfen, Schläge auf die Stiefel und Rasseln entstand eine rhythmische Sprache, die zudem den weißen Aufsehern unverständlich war. Bald auch auf Partys nach Feierabend und als eine Art Townshipzeitung verwendet, führten in Südafrikas rebellischen 60ern und aufständischen 70ern erste Bühnenauftritte zu einer wachsenden Bekanntheit der Widerstandskultur.

Ihr Musical verstehen die heutigen Performer als Protest gegen die Schließung noch der letzten Minen Südafrikas. Und so sind sie denn auch kostümeriert in der klassischen Uniform der Miners, die neben Jeans und einem Kopftuch die nur notdürftig gegen das krankmachende Brackwasser in den Stollen schützenden Gummistiefeln vorsah. Der charakteristische stampfende Beat lässt sich mit ihnen auch heute noch ganz der Tradition entsprechend erzeugen. Die Ketten allerdings sind längst ersetzt durch an den Stiefeln befestigten Bierdeckel-Rasseln. Christiane Müller-Lobeck

Premiere: morgen, 20 Uhr, weitere Vorstellungen: tägl. außer Mo, 16 + 20.30 Uhr, St. Pauli Theater; bis 17.11.