Dienst nach Vorschrift

Lehrerverband will zeigen, was passiert, wenn Lehrer nur 40 Wochenstunden arbeiten: Keine Klassenreisen, keine Wettbewerbe, verspätete Korrekturen. GEW schließt Streik nicht aus

von SANDRA WILSDORF

Der Deutsche Lehrerverband Hamburg (DL-H) ruft seine Mitglieder und alle anderen Lehrer auf, nur noch Dienst nach Vorschrift zu machen. Das heißt: 40 Stunden pro Woche. Was Lehrer darüber hinaus leisten, fällt aus. Das sind: Klassenreisen, Ausflüge und Wettbewerbe wie etwa „Jugend trainiert für Olympia“. Projektwochen gibt es nur noch, wenn sie in der Stundentafel stehen, Schülergespräche sowie Schullaufbahnberatungen finden nur noch während der Unterrichtszeit statt; Elternabende und Konferenzen werden auf ein Mindestmaß reduziert. Und: Wenn die 40 Stunden nicht reichen, um Klassenarbeiten und Abiturprüfungen fristgerecht zurückzugeben, dann eben nicht. Dasselbe gilt für Zeugnisse.

Denn die Lehrer fühlen sich, so DL-H-Chef Arno Becker, „mal wieder getäuscht“ von Schulsenator Rudolf Lange (FDP). Dieser hatte versprochen, dass es keine Mehrarbeit gibt. Jetzt setzte er aber eine Kommission ein, die „im Rahmen einer Effizienzsteigerung einen signifikanten Beitrag an ersparten Lehrerstellen erarbeiten“ soll (taz berichtete). Dabei hatte schon 1999 eine im Auftrag der Schulbehörde eingesetzte Kommission herausgefunden, dass Hamburgs Pädagogen im Jahr durchschnittlich 180 Überstunden leisten.

„Man muss endlich ernst nehmen, was in den Schulen passiert“, verlangt Becker. Dass der Protest jetzt zu Lasten der Schüler geht, nimmt der DL-H in Kauf. „Wir lassen uns nicht länger mit dem pädagogischen Ethos erpressen“, sagt Becker. Das habe nämlich bisher auch zu keiner Einsicht geführt. Auch nicht, dass im vergangenen Jahr bereits 38 Klassenreisen wegen Arbeitsüberlastung nicht stattgefunden haben, zwölf Theatergruppen und zwei Orchester aufgelöst wurden und sich 21 Fachgruppen nicht an Wettbewerben beteiligt haben.

Elternkammervorsitzende Sabine Bick kritisiert dennoch: „Das an den Schülern auszulassen, ist nicht der richtige Weg.“ Sie hätte sich ein gemeinsames Vorgehen des Bündnisses für Bildung gewünscht, in dem außer DL-H und Elternkammer auch die GEW, Schüler- und Lehrerkammer vertreten sind. Die GEW diskutiert noch über die richtige Form für den Protest, „gegen ein Arbeitszeitmodell, dass Mehrarbeit verpflichtend macht und die Pflichtstundengrenze nach oben öffnet“, sagt Sprecherin Ilona Wilhelm. Das könnte Dienst nach Vorschrift sein, aber auch „schärfste Kampfmaßnahmen sind nicht auszuschließen“. Das meint wohl Streik.