Blair macht den Versöhnungshelfer

Nach dem Anti-Kriegs-Wahlkampf bemüht sich die Bundesregierung um eine Verbesserung der deutsch-amerikanischen Beziehungen. Der britische Premier Tony Blair hilft dabei. Außenminister Fischer reist „frühestmöglich“ nach Washington

von LUKAS WALLRAFF

Auf Tony Blair kann sich Gerhard Schröder verlassen. Trotz aller Uneinigkeit in der Irak-Frage unterstützte der britische Premier den deutschen Kanzler schon im Wahlkampf und nahm ihn gegen den Vorwurf der außenpolitischen Isolierung Deutschlands in Schutz. Er arbeite mit Schröder „eng und vertrauensvoll zusammen“, sagte der Labour-Chef wenige Tage vor der Wahl, und „so wird es auch in Zukunft sein“.

Nun macht Blair sein Versprechen wahr. Am Dienstag empfing er den Wahlsieger zu einem gemeinsamen Jubelfoto in Downing Street Number 10. Bush-Kumpel Blair will Schröder bei seinem Versuch helfen, die Spannungen im deutsch-amerikanischen Verhältnis zu kitten.

Dass es große Kommunikationsprobleme mit Washington gibt, wird in Berlin erst seit der gewonnenen Bundestagswahl eingeräumt. „Es gibt sie, also müssen sie aufgelöst werden“, sagte Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye gestern in Berlin. Das Treffen mit Blair sei dabei „sicherlich hilfreich gewesen“.

Der SPD-Außenpolitiker Gernot Erler wurde noch wesentlich deutlicher und sprach von einem ersten Schritt aus der „Selbstisolierung“. Hätte er dieses Wort vor Sonntag, 18 Uhr, verwendet – Erlers Äußerung wäre sofort dementiert worden. Aber nun kann man’s ja zugeben: Im Wahlkampf habe sich Schröder auf die „inneren Themen“ konzentrieren müssen, sagte Erler gestern. „Jetzt hat die Stunde eins nach der Wahl begonnen.“

Aber leicht wird es mit der Versöhnung nicht. Präsident George W. Bush ist nach wie vor verschnupft – vor allem über den angeblichen Hitler-Vergleich der Exjustizministerin Herta Däubler-Gmelin. Regierungssprecher Heye musste gestern Berichte dementieren, Bush habe Schröder „abblitzen lassen“ und ein Telefongespräch abgelehnt. „Es hat keine derartigen Anruf-Versuche gegeben“, sagte Heye.

Der Koordinator der Bundesregierung für die deutsch-amerikanischen Beziehungen, Karsten Voigt (SPD), sagte, es werde wohl einige Zeit dauern, „bis der amerikanische Präsident seine Beziehung zur deutschen Bundesregierung in Bezug auf alle Personen wieder normalisiert“.

Während der Kanzler auf den Vermittler Blair hofft, wird im Auswärtigen Amt eine baldige USA-Reise von Außenminister Joschka Fischer vorbereitet. Fischer hatte sich im Wahlkampf gemäßigter ausgedrückt als Schröder und ein gutes Verhältnis zu seinem US-Kollegen Colin Powell bewahrt. So rief Powell Fischer nach der Wahl an, während Schröder vergebens auf einen Glückwunsch von Bush wartete.

In einem Interview mit der New York Times bemühte sich Fischer um weitere Schadensbegrenzung und versprach, „sehr hart daran zu arbeiten, dass die Beziehungen sich verbessern“. Als weitere Geste an die USA wird verstanden, dass Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) anbot, Deutschland und die Niederlande könnten ab 2003 die Führung der UN-Schutztruppe in Afghanistan übernehmen. Damit stieß Struck allerdings auf neuen Unmut: in Den Haag. Dort hieß es, diese Idee werde erst noch geprüft.