Taktisch versiert, gewandt und pragmatisch

Der künftige SPD-Generalsekretär Olaf Scholz, 44, rechnet sich selbst keinem sozialdemokratischen Lager zu. Er gilt als Modernisierer

HAMBURG taz ■ Auf Olaf Scholz kann sich der Bundeskanzler verlassen. Der Hamburger SPD-Landesvorsitzende bringt genau die Eigenschaften mit, die Gerhard Schröder zu schätzen weiß. Der 44-Jährige ist taktisch versiert, gewandt, karrierebewusst und vor allem pragmatisch. Scholz hat schon vor der Bundestagswahl wiederholt verkündet, dass er nach dem 22. September fest mit einem hohen Amt in Berlin rechnet. Der Job des Generalsekretärs eröffnet ihm zudem die Chance, bundespolitisches Renommee zu sammeln, um in drei Jahren als Bürgermeisterkandidat der SPD in Hamburg ins Rennen zu gehen.

In der Hansestadt hat sich der gebürtige Osnabrücker die Sporen verdient, die ihn jetzt für die Berliner Bühne prädestinieren. Nach der verheerenden Wahlniederlage des rot-grünen Senats vor gut einem Jahr hat Olaf Scholz den in Selbstzufriedenheit erstarrten Hamburger Parteiapparat fast im Alleingang umgestaltet. Alte SPD-Kameraden wie der frühere Bürgermeister Ortwin Runde und der einst mächtige Bausenator Eugen Wagner wurden geräuschlos entmachtet und aufs Seniorenteil geschoben. Die Fraktionsspitze in der Hamburger Bürgerschaft wurde auf Scholz' Betreiben komplett ausgewechselt und mit Leuten seines Vertrauens besetzt.

Dass die SPD am vergangenen Sonntag mit lockeren Mehrheiten alle sechs Direktmandate der Stadt für sich entschied und bei den Zweitstimmen besser abschnitt als die in der Stadt regierenden CDU, FDP und Schill-Partei zusammen, ist auch das Verdienst des rührigen Pragmatikers.

Olaf Scholz hat schon zuvor eine regelrechte Blitzparteikarriere hingelegt. Zunächst übernahm er die Parteiführung im Bezirk Altona und zog vor vier Jahren als Abgeordneter in den Bundestag ein, wo er sich einen Namen als Arbeitsmarktpolitiker machte. 2000 wurde er als Nachfolger des amtsmüden Jörg Kuhbier zum Chef der Sozialdemokratie der Hansestadt, ein Jahr später spielte er den Feuerwehrmann für den von der Abwahl bedrohten Senat.

Drei Monate vor dem Wahltermin betrieb er die Ablösung des glücklosen Innensenators Hartmuth Wrocklage, auf den sich die Hamburger Springer-Presse eingeschossen hatte, und nahm sich selbst als dessen Nachfolger in die Pflicht. Von sofort an warf der an sich dem linken Parteiflügel zugerechnete Innensenator Scholz das Ruder herum und versuchte durch einen harten Kurs in der Innen- und Drogenpolitik, dem Politrichter Ronald Schill Wählerstimmen abzujagen. Kritiker tauften ihn daraufhin kurzerhand in „Olaf Schillz“ um.

Den Wahltriumph der Schill-Partei und den Machtverlust seiner Partei konnte er aber damit auch nicht verhindern.

Scholz bezeichnet sich selbst gern als „modernen Sozialdemokraten“, der sich heute keinem der sozialdemokratischen Lager mehr zurechnen möchte. Im Umgang mit der Presse äußerst geschickt, spielt er auf der gesamten Klaviatur des Politjargons. Wenn er es nicht will, ist aus Scholz nichts Konkretes herauszubekommen. Gleichzeitig beherrscht er den Angriff: Genau kalkuliert fährt Scholz auch mal die Ellbogen aus – das hat er als Oppositionsführer bewiesen: An der öffentlichen Demontage seines Nachfolgers im Amt des Innensenators, Ronald Schill, hat Scholz durch eine clevere Öffentlichkeitsarbeit und gezielte Streuung von Informationen seinen Anteil.

Dass Scholz belastbar ist und auch Herausforderungen annimmt, das hat der Jurist schon vor seinem steilen Aufstieg in der Partei bewiesen: Da war er Anwalt der taz hamburg. PETER AHRENS