Anti-Atom-Protest hinter Gittern

Bergedorferin Dominique Monnet geht für zwei Tage ins Gefängnis, um ein Zeichen gegen die Castor-Transporte nach Gorleben zu setzen. Sie weigert sich, eine Geldstrafe wegen der Gleisblockade im Wendland zu bezahlen

von HEIKE DIERBACH

Dominique Monnet hat sich für heute frei genommen. Aber sie wird nicht ausschlafen können, dann gemütlich frühstücken und vielleicht einen langen Spaziergang machen: Die 36-jährige Bergedorferin wacht heute im Gefängnis Holstenglacis auf. Weil sie sich weigerte, die Geldbuße für eine Anti-Castor-Aktion zu zahlen, sitzt sie seit gestern Abend für zwei Tage in „Erzwingungshaft“.

Es ist der 3. März 2001, halb zehn Uhr abends, an der Bahnstrecke Lüneburg-Dannenberg, nahe des kleinen Dorfes Pisselberg. Bei minus fünf Grad und Schneefall sitzt Dominique Monnet auf einer Isomatte zwischen den Gleisen. Die Kampagne X-1000mal-quer hat zu einer „Nacht im Gleisbett“ geladen, zur Vorbereitung auf den Castor-Transport drei Wochen später, dem ersten nach dem rot-grünen Atomkonsens. Einmal ist es Dominique Monnet und rund hundert weiteren AktivistInnen heute Abend schon gelungen, auf die Gleise zu gelangen, schon einmal hat der Bundesgrenzschutz (BGS) sie abgeräumt. Jetzt sitzen sie wieder hier.

Diesmal fackelt der BGS nicht lange, zerrt die Menschen von den Gleisen. Monnet und andere werden in Gewahrsam genommen, kommen erst weit nach Mitternacht wieder frei. Was sie nicht abhält, sich drei Wochen später wieder quer zu stellen.

Am 8. Juni 2001 bekommt Monnet Post vom BGS: Wegen „unbefugten Aufenthaltes im Gleisbereich bei Bahnkilometer 178,9“ wird sie schriftlich verwarnt und soll 30 Mark zahlen. Monnet reagiert nicht: „Ich wollte mal sehen, wie weit ich gehen kann.“ Im Dezember 2001 wird aus der Verwarnung eine Ordnungswidrigkeit, 86 Mark soll die Aktivistin jetzt zahlen. Monnets Widerspruch wird abgelehnt, die Strafe steigt auf 50,34 Euro. Der BGS mahnt vergeblich die Zahlung des Geldes an, droht mit dem Gerichtsvollzieher, dann mit Haft.

Als diese Möglichkeit ins Spiel kommt, merkt Monnet, „dass ich mir das vorstellen könnte“. Am 5. August diesen Jahres ordnet das Amtsgericht Hannover zwei Tage Erzwingungshaft an. Die Vollstreckung können Monnet aber „jederzeit durch Zahlung der geschuldeten Geldbuße abwenden“. Die Atomkraftgegnerin bespricht sich mit FreundInnen und MitstreiterInnen aus der Hamburger X-1000mal-quer-Gruppe – und entscheidet sich für den Knast. „Ich möchte mit dem Schritt die staatliche Repression deutlich machen, aber auch andere ermutigen.“

Aber es gab auch Bedenken: „Ich hatte vor allem Angst vor Gewalt im Knast“, sagt die kaufmännische Angestellte. Sie erkundigt sich bei Katja Tempel, einer Wendländer Castor-Gegnerin, die 1997 für zehn Tage den gleichen Schritt wagte: „Sie hat erzählt, dass die Mitgefangenen sehr freundlich und hilfsbereit waren. Einige haben ihr sogar Pflanzen und Poster gebracht, weil ihre Zelle so kahl war.“ Auch der Leiter der Frauenabteilung an der Holstenglacis beruhigt Monnet in dieser Hinsicht.

FreundInnen haben sie für ihren „Mut“ gelobt. Sie selbst sieht sich nicht als Heldin: „Andere machen andere Aktionen. Ich kann gut für mich allein und im stillen sein.“ Für alle Fälle hat sie aber genug Geld mitgenommen, um die Buße bezahlen zu können. Dann wäre sie sofort frei.

Für Anfang November wird der nächste Atommüll-Transport nach Gorleben erwartet. Monnet will sich erneut an den Protesten beteiligen, auch wenn ihr wieder eine Geldbuße droht: „Das Recht auf Menschenleben ist in diesem Fall höher einzuschätzen. Und die Atomindustrie bricht dieses Recht Tag für Tag.“