Zentral: das Ritual

Das Sophie Drinker Institut nimmt am kommenden Sonntag den Nachlass der rumänischen Komponistin und Folklore-Forscherin Myriam Marbé entgegen

Das in diesem Frühjahr eröffnete Bremer Sophie Drinker-Institut – ein Forschungsinstitut für die Musik von Frauen – birgt einen Schatz, der jetzt erstmalig öffentlich gemacht wird: der Nachlass von Myriam Marbé. Die rumänische Komponistin ist 1931 geboren und starb 1997 als eine der anerkanntesten Komponistinnen unserer Zeit. 140 Werke harren der Aufführung, nun wird am kommenden Sonntag, 29. 9., anlässlich der offiziellen Übergabe des Nachlasses ein Anfang gemacht.

Myriam Marbé, die Tochter einer Pianistin, studierte in ihrer Heimatstadt Bukarest nicht nur Klavier und Komposition, sondern nahm auch von Anfang an an den Folklore-Forschungen ihres Landes teil, deren Ergebnisse so reichhaltig in ihren Stil eingeflossen sind – vergleichbar nur mit dem Werk von Béla Bartók: ,,Die elementare Beziehung zur Volksmusik ist ohne deren Analyse nicht zu verstehen“, sagte sie einmal in diesem Kontext. 1968, 1969 und 1972 nahm sie an den Darmstädter Kursen für zeitgenössische Musik teil und erhielt bedeutende Preise.

Ihr großes Oeuvre umfasst Kantaten, Orchesterwerke, Solokonzerte für Klavier, Bratsche, Cembalo und Viola da gamba und Saxophon. Auf dem Hintergrund der kommunistischen Diktatur empfand Myriam Marbé es stets als schwer, einen eigenen Stil zu entwickeln. Als eines ihrer zentralen Werk nennt sie deshalb das ,,Ritual für den Durst der Erde“ für sieben Stimmen mit Schlaginstrumenten und präpariertes Klavier, das 1976 den ersten Preis beim Internationalen Wettbewerb der GEDOK erhielt. ,,Im Ritual“, sagte Marbé, ,,ist Musik im gegenwärtigen Sinn nicht Kunst, sondern Träger von uralten Bedeutungen“. Ihr Personalstil ist eine ganz eigene Mischung aus Orientalismus, Folklore und Impressionismus. Jedenfalls will sie ,,eine musikalische Antwort oder ein musikalisches Bild von dem geben, was damals in Rumänien geschah“.

Myriam Marbé war die Lehrerin zweier heute in Deutschland berühmten Komponistinnen: Adriana Hölszky und Violeta Dinescu, die sich beide besonders durch ihre Opern einen Namen gemacht haben. Der Ablauf der Nachlass-Übergabe: Um 15 Uhr gibt es einen Vortrag über die Musik von Myriam Marbé von Thomas Beimel, der die wissenschaftliche Aufarbeitung des Nachlasses übernommen hat. Dann folgt Marbés 1956 geschriebene Klaviersonate, ein Vortrag von Violeta Dinescu und um 18 Uhr ein Konzert ,,Neue Musik aus Rumänien“, in dem neben Werken von Marbé auch Werke von Dinescu, Irina Anghel und Doina Rotaru erklingen. Es spielt das Kölner Ensemble ,,Partita Radicale“, das seit 1993 einen regen Kontakt mit der Bukarester Komponistenszene pflegt. Der Eintritt ist frei.

Ute Schalz-Laurenze

Im Sophie Drinker-Institut, Außer der Schleifmühle 28