Vorwurf Völkermord

Milošević-Prozess geht mit Anhörungen zu Bosnien und Kroatien weiter. Expräsident sieht sich als Friedensheld

DEN HAAG ap/afp ■ Zum Auftakt der zweiten Phase im Prozess gegen Jugoslawiens Expräsidenten Slobodan Milošević hat sich der Angeklagte als Friedensheld dargestellt. Er habe während der Kriege in Kroatien und Bosnien all seine Kräfte in den Dienst des Friedens gestellt, sagte der 61-Jährige gestern vor dem UN-Tribunal in Den Haag. Dort geht es jetzt um den Vorwurf des Völkermords im Zusammenhang mit den Kriegen in Kroatien und Bosnien. Die Anklage wirft Milošević Genozid und systematische Vertreibung der nichtserbischen Bevölkerung vor.

Milošević habe während der Kriege von 1991–95 beabsichtigt, die bosnischen Muslime auszulöschen, erklärte Vizechefankläger Geoffrey Nice. Die Anklage gegen Milošević in dieser zweiten Prozessrunde umfasst 61 Punkte. Im Mittelpunkt steht das Srebrenica-Massaker von 1995, bei dem serbische Soldaten 7.000 Muslime töteten. Bei einer Verurteilung auch in nur einem Punkt droht Milošević lebenslange Haft. Der erste Teil des Verfahrens, in dem es um Kriegsverbrechen im Kosovo ging, wurde vor zwei Wochen abgeschlossen.

Milošević lehnt die Zuständigkeit des Haager Tribunals ab. Erst wenn alle Zeugen der Anklage gehört sind, darf er Entlastungszeugen präsentieren. Das wird voraussichtlich im Frühjahr 2003 sein. Ziel der Anklagevertreter ist es nachzuweisen, dass Milošević den Massenmord an der nichtserbischen Bevölkerung sowie die systematische Zerstörung von Dörfern in Bosnien und Kroatien befohlen hat.