Immer ein Lauf der Rekorde

Beim 29. Berlin-Marathon haben sich Läufer aus 41 Nationen angemeldet. Eine Million Zuschauer werden morgen an der Strecke erwartet. S-Bahn macht trotzdem nicht mit

Der Berlin-Marathon, die größte Laufveranstaltung der Republik, dürfte morgen mit einem Chaos beginnen: Trotz eindringlicher Appelle der Organisatoren und aller im Abgeordnetenhaus vertretenen Parteien sah sich die Deutsche Bahn AG nicht in der Lage, die Sperrung der S-Bahn zwischen Lehrter Bahnhof und S-Bahnhof Tiergarten zu verschieben. Begründung: Termine an der Großbaustelle am künftigen Zentralbahnhof, wo noch wichtige Arbeiten vor dem Kälteeinbruch erledigt werden müssen.

Viele, vor allem ausländische Teilnehmer könnten morgen zu spät zum Start um 9 Uhr vor den TU-Gebäuden an der Straße des 17. Juni kommen, befürchten die Organisatoren. Um die Fahrgäste zu informieren, will die Bahn nun wenigstens vermehrt Flugblätter verteilen. Auch bei Bussen und Straßenbahnen kommt es wegen der Marathon-Strecke (siehe taz-Beilage), die weite Teile der Innenstadt schneidet, zu erheblichen Einschränkungen. Der U-Bahn-Verkehr wird dagegen nach Bedarf verstärkt.

Der 29. Berlin-Marathon wird dennoch ein Lauf der Rekorde: Mehr als 41.000 Athleten aus 90 Ländern werden auf Berlins Straßen erwartet – so viele wie nie zuvor. Der Berlin-Marathon reiht sich damit in die Liste der weltgrößten Rennen ein – nach London und Chicago. Neben mehr als 30.000 Läufern machen sich auch Skater, Rollstuhlfahrer und Power-Walker auf die 42,195 Kilometer lange Strecke, die am Breitscheidtplatz endet. Die Sieger werden schon ab 11 Uhr in der Westberliner City erwartet.

Der Senat rechnet mit bis zu einer Million Zuschauern, die am Rande der Strecke die Läufer anfeuern werden. Publikumsliebling dürfte die japanische Läuferin Naoko Takahashi sein. Die 30-Jährige gewann im vergangenen Jahr in Berlin den Frauen-Wettbewerb und wird wieder als Favoritin gehandelt. Takahashi: „Ich hatte zwar eine Verletzung, aber jetzt fühle ich mich wieder fit.“

Das sportliche Großereignis freut insbesondere die Not leidenden Hotel- und Gaststättenbetreiber der Stadt. Schließlich werden die meisten Läufer von ihren Familien oder Freunden begleitet, die alle eine oder gleich mehrere Nächte an der Spree verbringen. Die Hotels sind daher an diesem Wochenende gut gebucht. Die Berlin Tourismus Marketing GmbH (BTM) geht davon aus, dass mit mehr als 100.000 Übernachtungsgästen etwa dreimal soviel Besucher wie an normalen Wochenenden nach Berlin reisen werden, die in den Hotels der Stadt beziehungsweise bei Freunden oder Verwandten unterkommen.

BTM-Geschäftsführer Hanns Peter Nerger: „Der Berlin-Marathon gehört zu den beliebtesten und teilnehmerstärksten Läufen weltweit. Er ist schon lange eine Markenzeichen der Stadt.“ Auch als Wirtschaftsfaktor sei der Marathon nicht zu unterschätzen. Rund ein Drittel der Teilnehmer reise aus dem Ausland an, bleibe mehrere Tage und sorge somit für einen erheblichen Kaufkraftzufluss. Die Organisatoren des Marathons rechnen mit einem Kaufkraftgewinn vorn rund 65 Millionen Euro - rund halb so viel, wie die alljährliche Love Parade der wirtschaftsschwachen Stadt bringt. Aus Anlass des Marathons wurden die Ladenöffnungszeiten am heutigen Samstag bis 20 Uhr verlängert.

Wichtig sind den Tourismus-Managern aber nicht nur die einmaligen Einnahmen, sondern auch die nachhaltige Werbe- und Imagewirkung durch den Marathon. Nerger: „Die Bilder, die am Tag des Marathons weltweit ausgestrahlt werden, machen Lust auf das Reiseziel Berlin.“ RICHARD ROTHER