Personalchaos in Wirtschaftsverwaltung

Senat widerruft die Ernennung von PDS-Staatssekretärin. Esther Schröder bestand auf sofortiger Verbeamtung

Das Personalchaos an der Spitze der Wirtschaftsverwaltung hat eine neue Dimension erreicht. Am Donnerstag widerrief der Senat die erst am Dienstag beschlossene Ernennung von Esther Schröder (PDS) zur neuen Staatsekretärin. Schröder erklärt, ihre Ernennung sei „nicht nach Recht und Gesetz“ vonstatten gegangen. Wirtschaftssenator Harald Wolf (ebenfalls PDS) hingegen flucht seiner ehemaligen Wunschkandidatin hinterher: „Das ist eine politische Führungsposition und kein Versorgungsposten.“

Die Hintergründe: In der letzten Augustwoche bittet Wolf die 33-jährige Brandenburger Abgeordnete und Arbeitsmarktexpertin, seine Staatssekretärin für Arbeit und Frauen zu werden. Schröder sagt zu. Am 20. September meldet sie sich in der Wirtschaftsverwaltung überraschend per E-Mail. Inhalt: Sie möchte nicht die in Berlin übliche zweijährige Probezeit für Staatssekretäre absolvieren, sondern sofort verbeamtet werden. Am 21. September kommt es zu einem ersten Krisengespräch zwischen Wolf und seiner designierten Staatssekretärin. Erstaunlich: Man geht im Gefühl auseinander, sich geeinigt zu haben. Am 22. September verfehlt die PDS den Einzug in den Bundestag. Plötzlich sind sehr viele qualifizierte Sozialisten auf Jobsuche. Trotzdem ernennt der Senat am Dienstag Esther Schröder zur Staatssekretärin. Im Protokoll heißt es: „Diese Ernennung wird zum 01. 10. 2002 wirksam.“

Am Mittwoch ruft Schröder zweimal in der Wirtschaftsverwaltung an. Am Donnerstag schickt sie ein Fax an Klaus Wowereit und Harald Wolf. In dem vierseitigen „Widerspruch“ zum Senatsbeschluss weist sie wortreich ihre bisherige Karriere nach und beschwert sich: „Qualifikationen, Vordienstzeiten im öffentlichen Dienst und Abgeordnetentätigkeit sind nicht auf die Probezeit angerechnet worden.“ Wolf ist stinksauer. Er stimmt sich mit Wowereit ab und lässt sofort eine Aufhebung der Ernennung ausfertigen. Diese wird während der Sitzung des Abgeordnetenhauses als „Umlaufbeschluss“ auf den Senatsbänken herumgereicht und von allen Senatoren unterschrieben. Danach informiert Wolf Schröder telefonisch. Am Freitag sucht die Abgeordnete in einer Pressemitteilung von sich aus den Weg in die Öffentlichkeit.

Schröder beharrte gestern gegenüber der taz darauf, im Recht zu sein: „Meine Ernennung durch den Senat hat sich nicht an Recht und Gesetz orientiert.“ Im Landeslaufbahngesetz stehe nichts von einer zweijährigen Probezeit. Schröder weiter: „Ich bin menschlich enttäuscht von Harald Wolf.“ Der verweist hingegen auf die in Berlin übliche Praxis, die zweieinhalbjährigen Probezeit, und spricht Schröder mitlerweile die „persönliche Qualifikation“ ab.

Schröder will nun weiter als Abgeordnete in Brandenburg wirken. Der PDS-Abgeordnete Andreas Trunschke forderte allerdings bereits Schröders Ausschluss aus der Fraktion. In Führungskreisen der Berliner PDS äußerte man sich „offen entsetzt“ und drohte: „Wer sich so verhält, kriegt in der Partei kein Bein mehr an den Boden.“

ROBIN ALEXANDER