Ergebnis nach dem Geschmack des Königs

Bei den Parlamentswahlen in Marokko behauptet die bisherige Koalition ihre Mehrheit. Eigentlicher Sieger ist aber die islamistische Partei PJD. Sie verdoppelt die Anzahl ihrer Sitze – und ist froh, nicht noch mehr gewonnen zu haben

MADRID taz ■ König Mohammed VI. kann zufrieden sein. Am vergangenen Freitag, bei den ersten Wahlen seit er 1999 den Thron bestieg, wurde die bisherige Regierungskoalition unter Führung der Union der Sozialistischen Volkskräfte (USFP) bestätigt. Laut ersten, „noch nicht amtlichen“ Angaben von Innenminister Driss Jettou erzielten die Sozialisten, deren Parteichef, und bisherige Premierminister Abdarrahmane Youssoufi dieses Mal nicht mehr antrat, 44 der 325 Sitze. Der wichtigste Partner in der bisher regierenden Sieben-Parteien-Koalition, die national-konservative Istiqlal, bekommt 40 Sitze, die ebenfalls in der Regierung vertretene Unabhängige Nationale Versammlung (RNI) 37 Mandate. Die gesamte Koalition kommt demnach auf mindestens 163 von 325 Abgeordneten. Neben den 30 Sitzen, die über eine eigene landesweite Frauenliste vergeben werden, standen auch elf der übrigen Abgeordnete bei Redaktionsschluss noch nicht fest, da die Auszählung der Stimmen noch andauerte.

Eigentlicher Wahlsieger ist die einzige religiöse Formation, die sich zur Wahl stellte. Die islamistische Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (PJD) wurde mit 37 Abgeordneten drittstärkste Kraft. Sie konnte damit ihre Präsenz im Parlament mehr als verdoppeln. Und das, obwohl die Partei von Abdelila Benkiram nur in 60 Prozent der Wahlkreise antrat. Das Ziel dieser ungewöhnlichen Bescheidenheit: Die PJD wollte einen Wahlsieg vermeiden, denn dies hätte, so die Befürchtung der Islamisten, unliebsame Reaktionen seitens der nichtreligiösen Parteien heraufbeschwören können. Der Blick geht dabei ins Nachbarland Algerien, wo 1992 nach einem islamistischen Sieg die Wahlen abgebrochen wurden.

„Transparent und sauber“ sollten die Wahlen werden, so versprach es im Vorfeld König Mohammed VI. Viele glaubten nicht daran und blieben zu Hause. Die Wahlbeteiligung lag ersten Schätzungen nach bei knapp über 50 Prozent. Was sich dann nach den Wahlen abspielte, gab den Befürchtungen Nahrung, die Behörden könnten einmal mehr in die Urnen gefasst haben. Innenminister Driss Jettou zögerte die Bekanntgabe des Wahlergebnisses mehrmals hinaus. Er wollte das endgültige Sitzverteilung bereits am Samstagmittag verkünden. Die Pressekonferenz wurde jedoch ohne weitere Begründung auf 20 Uhr verschoben. Doch auch dann trat der Minister nicht vor die Presse. Es brauche weitere 24 Stunden, um die Stimmen endgültig auszuzählen, ließ Jettou verkünden. Das Wahlsystem sei sehr kompliziert. Später am Abend gab er dann zumindest erste „nichtoffizielle Zahlen“ bekannt.

Ob die bisherige Regierungskoalition aus sieben Parteien erneut zustande kommt, oder ob die konservative Istiqlal ausschert, um zusammen mit anderen Rechtsparteien und den Islamisten die Regierung zu stellen, wird sich in den nächsten Wochen zeigen. Doch egal wer in den Regierungssitz im Park des Palastes von Mohammed VI. einzieht, einen ernsthafter Wandel in der marokkanischen Politik ist nicht zu erwarten. Denn die wichtigsten Ministerien – für Inneres, Äußeres, Religion und Justiz – werden direkt vom König besetzt und unterstehen nur seiner Kontrolle. REINER WANDLER