Hollerland in Not

Große Verwirrung: Die CDU benutzt ein Gutachten, um das Naturschutzgebiet hinter der Uni erneut für den Technologiepark zu reklamieren. Umwelt-Staatsrat Logemann dementiert Medienberichte dazu, die SPD bemüht sich um Schadensbegrenzung

Der Streit ist alt, die aktuelle Ausführung irrsinnig: Erneut versucht die Bremer CDU Stimmung zu machen gegen das Naturschutzgebiet Hollerland im Norden der Universität. Wenn es nach ihr ginge, würde man daraus Bauland machen und es dem Technologiepark als Erweiterungsfläche zur Verfügung stellen. Bislang hat sich die SPD in der großen Koalition erfolgreich dagegen zur Wehr gesetzt. Unter anderem indem sie gegen ihr eigenes aufgebrachtes Milieu Grünflächen im Westen und Süden des Technoparks geopfert hat, aber auch indem sie ein Konzept unter dem Namen „Technopolis“ verfolgt, das an mehreren Stellen der Stadt Technologie-Schwerpunkte vorsieht (siehe Interview). Es nützt aber alles nichts. Mithilfe eines Gutachtens sammelt die CDU jetzt für ihr Konzept zulasten des Hollerlandes wieder Punkte.

Und zwar im wahrsten Sinne des Wortes: 77 Punkte wurden dem Standort am Technologiepark von den Gutachtern gegeben, die vor kurzem erste Ergebnisse in der Staatsrätelenkungsgruppe präsentierten. Damit ist die Ausweitung des Büro- und Gewerbeparks nach Norden der Sieger im ranking. An letzter Stelle mit 24 Punkten: das so genannte „dezentrale“ Konzept mit mehreren Technologieschwerpunkten. Gemeint ist natürlich Technopolis. Und so könnte man die Geschichte auch unter dem Titel: „Wie sich die SPD einmal selbst ins Bein schoss“ beschreiben. Denn der Auftrag für das 960.000 Mark teure Gutachten wurde vor einem Jahr von Senat und Wirtschaftsförderungsausschüssen beschlossen – Gremien, in denen die Sozialdemokraten durchaus ein Wörtchen mitzureden haben. Autraggeber war das Wirtschaftsressort, das am Ende die Fragestellung definierte. Um einen „qualitativ durchstrukturierten Technologiestadtteil“ sollte es in dem Gutachten gehen, eine Fläche von mindestens 100 Hektar sollte dafür zur Verfügung stehen. So lief alles von vornherein auf die Option Hollerland hinaus.

Im Protokoll der Staaträtelenkungsgruppe werden die Gutachter entsprechend zitiert: Zwar sei eine technologieorientierte Entwicklung auch anderswo möglich, der Auftrag laute jedoch „Entwicklung eines Technologiestadtteiles“ und nicht „räumlich-technologische Entwicklungskonzeption Bremen“.

Der Staatsrat im SPD-geführten Bauressort, Fritz Logemann, widersprach gestern Presse-Mitteilungen, nach denen sich die Lenkungsgruppe der Meinung der Gutachter bereits angeschlossen hätten. „Dieser mündliche Bericht war keine geeignete Grundlage für eine Beurteilung, da unter anderem nicht offen gelegt wurde, wie die Gutachter zu ihren Bewertungen gekommen sind“. Auch die SPD-Fraktion sprach in einer Pressemitteilung von einer Diskussion „ohne solide Grundlage“. Die oppositionellen Grünen, die bereits vor einem Jahr, als das Geld für das Gutachten beschlossen wurde, von einer Eine-Million-Mark-Wahlkampfhilfe für die CDU gesprochen hatten, kommentierten zynisch: „Der Senat kann auch noch 20 weitere Gutachten über das Hollerland vergeben und Geld verplempern. Der ewige Streit der großen Koalition wirft ein unverdient schlechtes Licht auf die bremische Wirtschaftsförderung, als gäbe es nicht genügend interessante Projekte in Bremen.“

Elke Heyduck