DIE AUTONOMIEGEGNER MÜSSEN SCHWEIGEN, FLÜCHTEN ODER STERBEN: Im Baskenland riecht es nach Balkan
Der baskische Regierungschef Juan José Ibarretxe spielt mit dem Feuer. Er möchte in einem Jahr das Baskenland in die Unabhängigkeit führen – ein Ansinnen, das die baskische Gesellschaft weiter spalten wird. Denn nur die Hälfte der Basken wählt nationalistisch und steht damit potenziell einem solchen Ansinnen wohlwollend gegenüber. Die andere Hälfte wählt zwei in ganz Spanien agierende Parteien: die in Madrid regierende konservative Volkspartei PP und die sozialistische Opposition, die PSOE; die Gemeinderäte dieser beiden Parteien im Baskenland müssen in ständiger Angst vor den Pistoleros der Separatisten leben.
Im ETA-Umfeld möchte sich Ibarretxe, der der Partei der gemäßigten Nationalisten angehört, mit seinen Vorschlägen einschmeicheln. 100.000 Stimmen – zehn Prozent der Wähler – sind neu zu verteilen, denn das Parlament in Madrid will die ETA-nahe Partei Batasuna verbieten; bereits jetzt sind alle Aktivitäten der radikalen Nationalisten für drei Jahre ausgesetzt, weil sie Schutzgelder kassiert und die Parteiinfrastruktur für Anschlagsvorbereitungen zur Verfügung gestellt haben sollen. Da klingt es wie ein schlechter Witz, wenn Ibarretxe jetzt ein Referendum über die Unabhängigkeit unter „Abwesenheit von Gewalt“ verspricht und die ETA gleichzeitig zu einer noch grausameren Kampagne ansetzt. Nun sollen auch alle Teilnehmer von PP- und PSOE-Veranstaltungen sowie die Besucher von deren Parteilokalen Angriffsziele sein. Während die Vertreter der baskischen Regierungsparteien ungehindert und ohne Leibwächter für ihr Projekt der Unabhängigkeit werben können, werden die Gegner dieser Pläne mit der Angst vor Bomben und Massakern leben müssen.
Ginge es nach der ETA und ihrem Umfeld, würden sowieso nur diejenigen wählen, die „echte Basken“, also Nationalisten sind. Der Rest der Bevölkerung soll schweigen oder gehen. Der Präsident von Ibarretxes Partei PNV ist etwas gemäßigter und bot „den Spaniern“ immer wieder an, im Baskenland leben zu dürfen „wie die Deutschen auf Mallorca“ – also ohne Wahlrecht. Im Baskenland riecht es immer stärker nach Balkan. RAINER WANDLER
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