Der Abgang des Robert Torricelli

USA: Der Rückzug eines bekannten Senators bringt die Demokraten in Nöte

WASHINGTON taz ■ Einen Monat vor der US-Kongresswahl müssen die Demokraten um ihre hauchdünne Mehrheit im Senat bangen. Der demokratische Senator Robert Torricelli kündigte am Montag in seinem Heimat-Bundesstaat New Jersey seinen Rückzug aus dem Wahlkampf an. Für eine Wiederwahl stünde er nicht mehr zur Verfügung.

Torricelli ist in eine Spendenaffäre verwickelt und war deshalb im Juli vom Ethikausschuss des Senats gerügt worden. Dem 51 Jahre alten Politiker wird vorgeworfen, Geschenke von einem südkoreanischen Geschäftsmann angenommen zu haben. Sein republikanischer Rivale Doug Forrester liegt inzwischen in den Umfragen mit 13 Prozentpunkten vorn.

Der Abgang Torricellis ist ein herber Schlag für die Demokraten, nicht nur weil sie in ihrer Hochburg New Jersey einem sicher geglaubten Sieg entgegensteuerten. Die Wahlaussichten der Demokraten sind insgeamt nicht mehr besonders rosig. Mit ihren Botschaften – schlechte Wirtschaftslage, Unternehmensskandale, Gesundheits- und Rentenpolitik – dringen sie kaum noch zum Wahlvolk durch, seit das Kriegsgeheul aus dem Weißen Haus alles übertönt.

Senatsfraktionschef Tom Daschle soll daher dem Abtrünnigen am Montagmorgen geraten haben, „einmal tief durchzuatmen“ und über die Entscheidung noch mal nachzudenken. Nachdem jedoch klar wurde, dass Torricelli auf keinen Fall wieder in den Ring steigen würde, begann die hektische Suche nach einem Ersatzkandidaten. Doch der einzige ernstzunehmende Aspirant, Expräsidentschaftsbewerber Bill Bradley, ist bislang abgetaucht, hatte allerdings bereits zuvor verkündet, nicht erneut anzutreten.

So gilt es momentan als unwahrscheinlich, dass die Demokraten für die Kongresswahl am 5. November noch einen neuen Kandidaten auftreiben können, der die nötigen Wahlkampfmillionen mitbringt. Zudem ist rechtlich umstritten, ob dieser so kurz vor dem Urnengang noch auf den Stimmzettel gesetzt werden kann. MICHAEL STRECK