Mehr als eine Linie

Aktionstag wirbt für den Fußweg zur Schule. Dennimmer mehr Eltern bringen ihr Kind täglich mit dem Auto

Fußstapfen auf den Bürgersteig gemalt – die Symbolik der Aktion vor der Eidelstedter Max-Traeger-Grundschule ist klar. Kinder sollen zu Fuß zur Schule gehen, das ist das Ziel des Internationalen „I walk to School“-Tages, der weltweit am Mittwoch begangen wurde – erstmals auch in Hamburg: Die Schulbehörde hatte gemeinsam mit dem Verein Fuß e.V. die Aktion initiiert. Sechs Schulen im Bezirk Eimsbüttel machten mit. In drei Jahren sollen schon an allen Hamburger Schulen die Kinder den Fußweg wiederentdecken.

Denn der Trend geht seit Jahren in die andere Richtung: Immer mehr Eltern bringen ihre Kinder jeden Tag mit dem Auto zur Schule. „Und sie denken dabei noch irrigerweise, sie tun ihren Kindern damit etwas Gutes“, sagt Bernd Herzog-Schlagk, Bundeskoordinator von Fuß e.V., einem Verein, der sich die Förderung des Fußgängerverkehrs zur Aufgabe gemacht hat. Dabei leiden Kinder, die die Welt nur durchs Autofenster sehen, unter Bewegungsmangel mit allen seinen gesundheitlichen Folgen – vom Übergewicht bis zu Koordinationsschwierigkeiten. Außerdem registrieren die kleinen AutofahrerInnen ihre Umgebung nicht mehr richtig.

So hat Karin Möller, Schulleiterin in Eidelstedt, ihre SchülerInnen den Schulweg zeichnen lassen. „Diejenigen, die mit dem Auto kamen, zeichneten nur eine gerade Linie. Die anderen nahmen viel mehr wahr: Bäume, Häuser“, ist ihre Erfahrung. Und Gunter Bleyer vom Fachreferat Verkehrserziehung in der Schulbehörde ergänzt: „Selbständige Schritte zu Fuß sind auch Schritte zur Persönlichkeitsentwicklung.“

Die statistischen Zahlen, die Schulbehörde und Polizei vorliegen, belegen zudem, dass Kinder, die mit dem Auto gebracht werden, auch nicht sicherer vor Unfällen sind: Ein Drittel der Schulwegunfälle passieren mit dem Auto, ein Drittel mit dem Fahrrad und ein Drittel zu Fuß.

Daher gilt es aus Sicht der InitiatorInnen die Gründe zu bekämpfen, aus denen Eltern ihre Kinder lieber chauffieren. „Wer will, dass Kinder gefahrlos ihren Schulweg nehmen können, der muss auch die Verkehrsinfrastruktur kindgerecht gestalten“, sagt Herzog-Schlagk.

Genau hier hapert es aus Sicht von Fuß e.V. Sonja Tesch, Hamburger Regionalbeauftragte des Vereins, stellt fest: „Ein solcher Aktionstag wird durch eine Senatspolitik, die nur aufs Auto setzt, komplett konterkariert.“

PETER AHRENS